piwik no script img

Indiens Regierung vor dem Sturz

Wichtigster Koalitionspartner der Hindu-Nationalisten zieht sich aus der Regierung zurück und flirtet mit der oppositionellen Kongreßpartei von Sonia Gandhi  ■ Aus Delhi Bernard Imhasly

In Indien hat sich der wichtigste Partner der nationalistischen Hindu-Partei BJP aus der Regierung zurückgezogen. Dadurch gerät die Parlamentsmehrheit des seit einem Jahr amtierenden Ministerpräsidenten Atal Behari Vajpayee in Gefahr. Ein Minister und ein Staatssekretär der südindischen Regionalpartei AIADMK wollten noch gestern ihren Rücktritt einreichen. Die AIADMK brachte 18 Abgeordnete in die 15-Parteienkoalition ein. Die AIADMK-Vorsitzende Jayalalitha Jayaram traf sich in den vergangenen Tagen in Delhi mit der Vorsitzenden der oppositionellen Kongreß-Partei, Sonia Gandhi. Dies wurde als Zeichen gewertet, daß die größte Oppositionspartei einer Koalition mit der AIADMK nicht mehr abgeneigt ist, um die BJP von der Macht zu vertreiben.

Jayalalitha begann sogleich mit einem Trommelfeuer der Kritik gegen die BJP. Sie benutzte die kontroverse Entlassung des Flottenchefs V. Bhagwat, um dessen Rückkehr und die Demission des Verteidigungsministers zu fordern. Das Ultimatum Jayalalithas ließ der BJP keine andere Wahl, als es zurückzuweisen. Darauf spannte die tamilische Politikerin den Bogen weiter. Die Kritik eines BJP- Ministers an ihrem mangelnden Teamgeist war für sie Anlaß, die AIADMK-Minister aus dem Kabinett zurückzuziehen. Ihr Verhalten, so sind sich die Medien einig, hat nichts mit verletztem Stolz oder Admiral Bhagwat zu tun. Vielmehr drohen ihr in Madras mehrere Korruptionsklagen, doch die BJP hat ein Jahr lang wenig unternommen, um sie von diesen Damoklesschwertern zu befreien.

Jayalalitha weiß, daß auch die Opposition ihr nicht traut. Doch kalkuliert sie, daß der Haß der Linken auf die BJP und der Machthunger der Kongreßpartei diese zu einem Bündnis mit der AIADMK verlocken könnten. Frau Gandhi bleibt, trotz der Avancen der tamilischen Politikerin, unschlüssig. Sie muß befürchten, daß Jayalalitha den Kongreß ebenso unter Druck setzen würde wie die BJP.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen