: Zum 5. Mal: Endgültiges Urteil im Bananenstreit
WTO-Schiedsgericht entscheidet zugunsten der USA. Diese dürfen nun Strafzölle gegen die EU verhängen ■ Von Nicola Liebert
Berlin (taz) – „Wir werden das sorgfältig studieren“, war die einzige Reaktion von EU-Handelskommissar Leon Brittan auf das neueste Urteil in Sachen Bananen. Die Welthandelsorganisation (WTO) hatte sich am Dienstag abend erneut auf die Seite der USA gestellt und damit den Weg für Strafzölle gegen die Europäische Union freigemacht. Die EU behalte sich vor, Einspruch zu erheben.
Es waren gleich drei Fragen, in denen die WTO-Richter gegen die EU entschieden: eine Klage von Ecuador gegen die aktuellen EU-Einfuhrregeln, eine Beschwerde der EU gegen die angedrohten US-Strafzölle sowie eine Entscheidung über die Höhe der Strafzölle. Allerdings bekamen die USA nicht ganz das, was sie wollten. Die Regierung hatte behauptet, durch die EU-Bananenmarktordnung entstehe der US-Wirtschaft ein Schaden von 513 Millionen US-Dollar im Jahr. Daher wollten sie Exportwaren aus der EU in diesem Umfang mit Strafzöllen von 100 Prozent belegen. Die WTO-Experten kamen nur auf einen Schaden von 191 Millionen Dollar. Die Strafzölle dürfen diese Summe nicht überschreiten. Diese Entscheidung ist endgültig, gegen die beiden anderen kann die EU Revision einlegen.
Die US-Handelsbeauftragte Charlene Barshefsky wies darauf hin, dies sei „das fünfte Mal in sechs Jahren“, daß die USA im Bananenstreit recht bekommen. 1993 trat die EU-Bananenmarktordnung in Kraft, die Bananen aus den französischen und spanischen Überseeterritorien und den ehemaligen Kolonien in Afrika, der Karibik- und Pazifikregion bevorzugt.
Noch im selben Jahr entschied der WTO-Vorgänger Gatt gegen die EU. 1997 bestätigte das WTO-Schiedsgericht das Urteil. Die EU verlor im selben Jahr auch die Berufung. Aber statt auf die beanstandete Marktordnung zu verzichten, führte die EU lediglich ein leicht abgewandeltes Bananenregime ein, das statt bislang 2,2 nun 2,55 Millionen Tonnen Dollar-Bananen in den gemeinsamen Markt hereinläßt. Nicht genug, wie die WTO nun befand.
Was die derzeit um Gemeinsamkeit im Kosovo-Krieg bemühten Nato-Partner so entzweit, macht nicht einmal ein Prozent des transatlantischen Handels aus. Daß dennoch ausgerechnet Bananen einen mit solcher Bitterkeit geführten Disput auslösen, ist ein Lehrstück über den Einfluß von Großspendern auf die US-Politik. Carl Lindner, der Mann hinter den Chiquita-Bananen, soll an die regierende Demokratische Partei seit 1993 über 400.000 Dollar überwiesen haben, ohne dabei die Republikaner zu vernachlässigen.
Für US-Präsident Bill Clinton steht noch etwas anderes auf dem Spiel: die Glaubwürdigkeit der WTO. Wenn Clinton der US-Wirtschaft nicht beweisen kann, daß die WTO für die USA von Nutzen ist, dann wird er umgekehrt niemals ein WTO-Urteil zuungunsten der USA durchsetzen können. Die Welthandelsorganisation wäre damit politisch erledigt.
Auch die EU ist erstaunlich hartnäckig, wenn es um Bananen geht. Schon bei der Gründung der europäischen Gemeinschaft 1957 wurde die Unterzeichnung der Verträge ausgerechnet wegen Bananen um einen Tag verzögert . Vor allem Frankreich und später Spanien kämpfen um die Marktanteile der Früchte aus tropischen Kolonien und Ex-Kolonien.
Vor dem WTO-Gericht gilt die EU als schlechter Verlierer. „Wenn die größten Handelsblöcke der Welt derart um die Marktöffnung streiten, was ist das für ein Vorbild für kleinere und ärmere Nationen, die immer wieder zur Liberalisierung ihrer Märkte aufgefordert werden?“ klagte ein Diplomat
Doch der nächste Handelsstreit steht schon bevor: Weil die EU auch hormonbehandeltes Rindfleisch fernhalten will, drohen die USA mit weiteren Strafzöllen, in diesem Fall in Höhe von 900 Millionen Dollar.
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