: Friedensbewegung muß auf Kosovaren zugehen
■ Demoteilnahme nationalistischer Serben ist militant nicht zu verhindern. Nur Argumente helfen
Die neue Friedensbewegung muß sich gegen alle Versuche wehren, sie für nationalistische Propaganda und Pro-Miloevic-Positionen zu vereinnahmen. Davon hängt ihre politische Glaubwürdigkeit und ihre Perspektive ab. Geht es doch darum, gesellschaftliche Mehrheiten gegen den Krieg zu mobilisieren.
Der kleinste gemeinsame Nenner der neuen Friedensbewegung ist dabei die Ablehnung des Krieges, die Einstellung des Nato-Bombardements. Ist es verwunderlich, daß daran hier lebende Serbinnen und Serben teilnehmen, oder ist dies nicht eher begrüßenswert? Zumal viele von ihnen mit ihren Angehörigen unmittelbarer betroffen sind als manche, die den Krieg nur aus zensierten Fernsehbildern kennen.
Ein wichtiger Schritt, dennoch nicht von nationalistischer Propaganda vereinnahmt zu werden, wäre es, könnten auch Kosovo-Albaner für Anti-Kriegs-Kundgebungen gewonnen werden. Daß Serben und Kosovo-Albaner dabei den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ der Demonstrationen unterschiedlich bewerten, mag nachvollziehbar sein. Wenn es aber stimmt, daß der Nato-Krieg keinen Konflikt löst, sondern eher potenziert und wenn es hinzukommt, daß die Nato dazu übergegangen ist, sich anstelle politischer Lösungen und wider die UNO zu setzen, dann steht ein argumentativer Brückenschlag zwischen Serben, Albanern und Friedensbewegten auf der Tagesordnung der neuen Friedensbewegung. Das muß das Ziel sein, um nationalistische Parolen auf den Demonstrationen zu verhindern.
Keine Frage, daß politische „Entgleisungen“ wie Plakate, die Bundeskanzler Schröder mit Hitler gleichsetzen oder Miloevic hochleben lassen, fehl am Platze sind und nicht unwidersprochen bleiben dürfen. Gewaltsame Ordnereingriffe aber, wie von manchen scheinheilig nahegelegt, dürften kaum adäquate Mittel für eine Bewegung sein, die „Krieg als Fortsetzung von Politik mit anderen Mitteln“ ablehnt. Man kann niemandem verbieten, an einer Demonstration teilzunehmen.
Entscheidend für die Überzeugungskraft von Anti-Kriegs-Aktionen ist deren politische Vorbereitung und argumentative Ausgewogenheit. Richtig ist, radikale und nationalistische Emotionen hier lebender Serben bringen das Erscheinungsbild von Friedensdemonstrationen ins öffentliche Zwielicht. Richtig ist aber auch, daß die Nato-Angriffe dem Vorschub leisten, da offensichtlich auch die antinationalistische, demokratische und pazifistische Opposition der Serben in die Defensive „gebombt“ wurde.
Die Solidarität mit jenen, die dem Krieg am schutzlosesten ausgeliefert sind, den albanischen Flüchtlingen und der jugoslawischen Zivilbevölkerung, muß im Zentrum unserer Friedensaktionen stehen. Dabei haben wir keine andere Waffe als das Argument. Damit allerdings sollten wir streiten, gegenüber der Nato, mit den Serben und mit Albanern. Udo Wolf
Stellvertretender Landesvorsitzender der PDS
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