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Die Europäische Union setzt auf die Karte „Annan“

■ Der UN-Generalsekretär soll helfen, Rußland in eine gemeinsame Kosovo-Initiative einzubinden, die möglichst durch einen Sicherheitsratsbeschluß legitimiert werden soll

Bonn (taz) – Die Bundesregierung hofft mit Hilfe des UN-Generalsekretärs Kofi Annan eine politische Lösung des Kosovo-Konfliktes zu erreichen. Annan ist Gast des heutigen informellen Treffens der Staats- und Regierungschefs der EU, bei dem über das weitere Vorgehen auf dem Balkan gesprochen werden soll.

Wie aus Regierungskreisen in Bonn verlautete, werde in den kommenden Tagen und Wochen eine Doppelstrategie verfolgt. Einerseits halte die Allianz an ihrem Vorgehen und ihren Forderungen fest. Auf der anderen Seite wolle man politische Initiativen anbieten. Dabei hofft man auf die Unterstützung Annans. Der hat seine Bereitschaft dazu am letzten Freitag bekundet, als er fast identische Forderungen an Belgrad richtete wie die Allianz: Abzug aller serbischen Truppen aus dem Kosovo und Implementierung einer internationalen Schutztruppe.

In Bonn hieß es, daß die Nato entschlossen sei, bis zur Erfüllung dieser Bedingungen an den Bombardierungen festzuhalten. Dabei gehe es nicht um einen Sturz des Miloevic-Regimes, sondern um ein multiethnisches demokratisches Kosovo. Überlegungen, die auf eine Teilung des Kosovo hinauslaufen, lehnt die Bundesregierung ab. Das bedeute Apartheid.

Mit Hilfe Annans soll versucht werden, Rußland wieder für ein gemeinsames Vorgehen zu gewinnen. Man brauche die Mithilfe Rußlands, um eine Verhandlungsbereitschaft Belgrads zu erreichen.

In Bonn wurde es als die beste Lösung bezeichnet, wenn die Lähmung des Sicherheitsrates überwunden werden könnte und es zu einer Mandatierung einer Schutztruppe käme. Man geht „selbstverständlich“ davon aus, daß russische Soldaten Teil dieser Truppe sein werden.

Rußland hatte sich bislang geweigert, unter dem Dach der Nato zu operieren. Zu der Zusammensetzung dieser Schutztruppe wollte man in Bonn keine Festlegung treffen. Es sei schon ideal, wenn „unter dem Dach des Sicherheitsrates“ ein Modell entwickelt würde, das funktioniert.

An die Schutztruppe werde allerdings nicht die gleiche Anforderung gestellt, wie in dem Rambouillet-Vertragsentwurf. Denn der ging noch von der Präsenz serbischer Verbände im Kosovo aus und sah entsprechend stärkere eigene Verbände vor.

Seitens Bonner Regierungskreise wurde betont, daß einer Schutztruppe in jedem Fall komplette Bewegungsfreiheit und ein ungehinderter Zugang zum Kosovo eingeräumt werden müsse. Genau das hatte auch das Rambouillet-Papier in einem Appendix für das Gebiet Serbiens festgelegt, weshalb in den letzten Tagen Mutmaßungen auftauchten, daß damit die serbische Regierung unnötig in ihren souveränen Rechten eingeschränkt werden sollte.

In Bonn heißt es zu diesem Vorwurf, dies sei eine „groteske Diskussion“. Eine solche Status-Regelung sei durchaus ein auch bei der UN übliches Verfahren. Beispiel: das Dayton-Abkommen.

In diesem Zusammenhang hieß es, daß Rußland seinerzeit gegen diesen Passus des Rambouillet-Abkommens keine Einwände erhoben habe und daß auch eine zukünftige Schutztruppe Zugang zum Kosovo auch über serbisches Gebiet brauche. Dieter Rulff

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