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Energiekonsensrunde kommt nicht zusammen

■ Die Bundesregierung sagte lange vereinbarte Gesprächsrunde mit Atomstromern kurzfristig ab. Bundesregierung streitet über Beteiligung an Finanzierung ukrainischer Reaktoren

Berlin (taz) – Die Konsensgespräche zwischen Bundesregierung und Energiekonzernen geraten erneut ins Stocken. Nur Stunden vor dem lange verabredeten Treffen zur Frage der Rückstellungsbesteuerung im Bereich Atomenergie sagte Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) gestern den Termin ab – im Einverständnis mit den beteiligten Finanzvorständen der Atomstromkonzerne, wie es gestern hieß.

Hintergrund der Terminverschiebung sind offenbar Unstimmigkeiten zwischen Müller und Hans Eichel (SPD), dem neuen Kollegen aus dem Finanzressort. Steuerliche Fragen und „Fragen der Zuordnung der Kernenergierückstellungen (Brennelementeentsorgung, Endlagerbau Endlagerfinanzierung etc.)“ müßten mit dem BMF noch weiter erörtert werden, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Der neue Anlauf zur Wiederaufnahme der unterbrochenen Gespräche war schon im Vorfeld erheblich belastet gewesen. Zunächst mußten die Stromkonzerne eingestehen, daß sie und nicht das Finanzministerium sich bei der Ermittlung der fälligen Steuernachzahlungen um einen zweistelligen Milliardenbetrag verrechnet hatten. Als dies nicht mehr zu verbergen war, erklärten Branchenvertreter, sie seien auch nicht bereit , die schließlich ermittelten 13 Milliarden – verteilt über zehn Jahre – an den Fiskus abzuführen.

Unterdessen geht der Streit in der Bundesregierung über eine Beteiligung an der Vollendung zweier Atomkraftwerke russischer Bauart in der Ukraine weiter. Das Finanzministerium erklärte am Donnerstag abend, die Bundesregierung werde sich anläßlich der Jahrestagung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) am Wochenende für den Kredite für die Meiler einsetzen. Auch Bundeskanzler Schröder unterstütze die Kreditbewilligung. Die Ukraine soll im Gegenzug den letzten Meiler am Katastrophenstandort Tschernobyl im Jahr 2000 stillegen.Umweltminister Trittin bekräftigte dagegen sein Nein zu den Krediten. Es gebe begründete Zweifel, daß die Ukraine zur Dekkung ihres Strombedarfs auf die beiden 1.000-Megawatt-Reaktoren überhaupt angewiesen sei. Außerdem gebe es Anzeichen, daß die Ukraine die Stillegung des letzten Tschernobyl-Blocks weiter hinauszögere.

Nach Informationen der taz will die Bundesregierung Anfang Mai noch einmal in Kiew mit dem ukkrainischen Ministerpräsidenten Kutschma Möglichkeiten zur Errichtung nichtnuklearer Ersatzkapazitäten sondieren. gero

Kommentar Seite 20

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