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Aufrüstung der albanischen Etappe

■ Die USA verlegen Hunderte von Fallschirmjägern zur Unterstützung der Apache-Kampfhubschrauber nach Albanien. Deutschland wird laut Verteidigungsminister Scharping vorerst keine weiteren Soldaten dorthin entsenden

Washington (AFP/dpa/AP) – Die USA verstärken ihre Bodenstreitmacht rund um das Kosovo. Mehrere hundert Fallschirmjäger sollen nach Albanien verlegt werden, wie die US-Armee am Montag mitteilte. Ein Armee-Angehöriger, der nicht genannt werden wollte, sagte, es handele sich um die umfangreichste Entsendung von Soldaten des US-Heeres nach Europa seit Beginn der Nato-Luftangriffe gegen Jugoslawien am 24. März.

Nach Angaben der US-Armee sollen die im US-Bundesstaat North Carolina stationierten Fallschirmjäger Teil der 2.600 Mann starken US-Truppe in Albanien sein. Die Soldaten dienen zur Unterstützung und zum Schutz der Apache- Kampfhubschrauber vom Typ AH- 64 A/D. 24 dieser Hubschrauber sind gestern in Albanien eingetroffen.

Die Apache-Hubschrauber waren vor fast drei Wochen vom Nato-Kommandeur für Europa, Wesley Clark, angefordert worden. Die in Deutschland stationierten Apaches waren danach zunächst nach Brindisi und andere Militärstützpunkte in Italien verlegt worden. Nach Angaben von Nato-Generalsekretär Javier Solana sollen sie Anfang nächster Woche erstmals zum Einsatz kommen.

Die tieffliegenden Apache-Hubschrauber sind der wichtigste Kampfhubschrauber der US-Armee. Sie dienen zum Kampf gegen Panzer, Panzerfahrzeuge und Truppenverbände und gelten normalerweise als Unterstützung für Bodentruppen. Ein Einsatz von Landstreitkräften im Kosovo wird von den USA und der Nato derzeit nicht für nötig gehalten. Dennoch wäre ein Einsatz der Apaches der erste von Streitkräften des Heeres gegen jugoslawische Verbände.

Die Apaches mit je zwei Mann Besatzung können ein Dutzend Ziele gleichzeitig entdecken. Sie sind mit Nachtsichtgeräten ausgestattet und können daher auch in der Dunkelheit und bei schlechter Sicht operieren. Hergestellt werden sie für 14,5 Millionen Dollar je Einheit vom US-Flugzeug- und Rüstungsproduzenten McDonnell Douglas. Zur Unterstützung der Apache-Hubschrauber haben die USA bereits damit begonnen, Raketenwerfer nach Tirana zu verlegen. Die Raketen haben eine Reichweite von 150 Kilometern. Sie werden auch gegen gepanzerte Fahrzeuge eingesetzt. Die Raketen sollen wahrscheinlich auf jugoslawische Armee- und paramilitärische Stellungen abgeschossen werden, bevor die Kampfhubschrauber eingreifen.

Nach Angaben des Pentagon sollen insgesamt 18 multiple Raketenwerfer aufgestellt werden. Sie sind mobil und können entweder zwei größere Raketen abfeuern oder mit zwölf kleineren ausgestattet werden.

Deutschland wird nach den Worten von Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) zunächst keine weiteren Soldaten nach Albanien schicken. Überlegungen zur Entsendung eines Fernmeldebataillons müßten noch mit den Nato- Partnern abgestimmt werden und seien derzeit „nicht entscheidungsreif“, sagte Scharping am Dienstag vor Journalisten in Bonn. Eine Entscheidung des Bundestages über die Verlegung weiterer Soldaten in die Krisenregion noch in dieser Woche halte er für sehr unwahrscheinlich. Auch das Bundeskabinett werde in seiner Sitzung am heutigen Mittwoch voraussichtlich noch keinen entsprechenden Entschluß fassen, erklärte der Minister.

Damit widersprach er SPD-Fraktionschef Peter Struck. Dieser hatte zuvor erklärt, die Bundesregierung werde voraussichtlich bereits am Mittwoch einen Beschluß zur Verlegung des Fernmeldebataillons fassen. Scharping betonte, die Bundesregierung sei grundsätzlich zur Entsendung weiterer Soldaten zur Unterstützung der humanitären Hilfsprogramme in Albanien bereit. Derzeit sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums rund 3.200 Bundeswehrsoldaten in Makedonien stationiert. In Albanien befänden sich nur 10 bis 20 Stabsoffiziere sowie rund 150 Soldaten, die beim Aufbau von Flüchtlingslagern helfen.

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