: Die Reichen fordern Hilfe für Kosovo-Anrainer
■ Auch Makedonien vor dem Kollaps. G 7-Gipfel fordert Programme für Wiederaufbau
Washington/Skopje (AFP/rtr/dpa) – „Die Lage ist definitiv verzweifelt“, sagt OSZE-Mitarbeiterin Madeleine Hajj-Liljestrom zur wirtschaftlichen Situation in Makedonien. Die schwachen Unternehmen sind durch den Krieg im benachbarten Jugoslawien – nach Deutschland wichtigster Wirtschaftspartner Makedoniens – endgültig ins Taumeln geraten.
Und die Aussichten auf Besserung sind schwach: Nach einer Umfrage von Gewerkschaftsverband und Handelskammer ist in den Betrieben in den ersten drei Monaten dieses Jahres die Produktion um 30 Prozent gesunken. Verträge über 800 Millionen Mark seien – vor allem durch Unternehmen aus dem westlichen Europa – gekündigt worden, heißt es in der Untersuchung. Die Verkehrsrouten durch Jugoslawien, über die Makedonien etwa 90 Prozent des Außenhandels abgewickelt hat, sind nicht passierbar.
Die westlichen Bürokraten bemängeln zudem, daß es in Makedonien an statistischen Angaben fehlt. Deshalb liegen 25 Millionen Euro Hilfsgelder für das Land in einem Fonds geparkt. Albanien hingegen erhielt 62 Millionen, Montenegro 13 Millionen Euro.
Immerhin haben sich die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrienationen (G 7) auf ihrer Frühjahrstagung in den letzen Tagen in Washington mit der wirtschaftlichen Seite des Krieges auf dem Balkan befaßt. Sie forderten internationale Hilfsprogramme für die Anrainerstaaten des Kosovo. Der Internationale Währungsfonds (IWF), die Weltbank und andere Finanzinstitutionen müßten den betroffenen Ländern helfen, die Folgen von Vertreibung und Gewalt für ihre Volkswirtschaften zu bewältigen, hieß es am Montag. Weil die sieben reichsten Staaten in diesen Gremien bestimmen, dürften damit solche Hilfsprogramme auch aufgelegt werden.
Die Frage ist nur, wann und in welcher Höhe Mittel fließen. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sagte in Washington, der Bedarf der Anrainerstaaten an Hilfe werde von IWF und Weltbank allein für das laufende Jahr auf 0,8 bis 1,8 Milliarden Dollar (1,5 bis 3,3 Milliarden Mark) geschätzt.
Auf lange Sicht wird der Wiederaufbau der Balkan-Region natürlich weitaus teurer. EU-Währungskommissar Yves-Thibault de Silguy nannte in Washington die Zahl von rund 30 Milliarden Dollar (mehr als 55 Milliarden Mark). Dabei handele es sich allerdings um eine grobe Schätzung. Der EU-Kommissar zeigte sich besorgt, daß der Internationale Währungsfonds (IWF) die Kosten für die Flüchtlingshilfe für die jugoslawischen Nachbarstaaten unterschätzt habe.
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