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Resignation, Wut und Trauer unter Kurden

■ Beginn des Prozesses gegen PKK-Führer Öcalan treibt die Kurden Berlins auf die Straße

Gestern hielt es die Kurdinnen und Kurden der Hauptstadt nicht mehr zu Hause: In Berlin zogen etwa 800 Demonstranten vom Olivaer zum Breitscheidplatz, um einen fairen Prozeß für den PKK-Führer Abdullah Öcalan in der Türkei zu fordern. Der Chef der Kurdischen Arbeiterpartei, so hieß es in den Sprechchören der friedlichen Kundgebung, habe Anspruch auf einen fairen Prozeß. Die Verhandlung dürfe für die Öffentlichkeit nicht im Schatten des Kosovo-Krieges stehen.

Das ist auch eine der Hauptsorgen von Kader Alyousef, Schriftführer der Kurdischen Gemeinde in Berlin. Er sei überrascht, sagt er bitter, daß die Medien das Problem der Kurden endlich wieder wahrnähmen. Im Augenblick befänden sich doch alle Deutschen in einer „Kosovo-Psychose“ – wen interessierten da noch die Kurden?

Bitterkeit, Enttäuschung und Resignation, aber auch Wut, Anspannung und Trauer beherrschen die Stimmung der Kurden, die in diesen Tagen mit Spannung auf den Prozeß gegen Öcalan in ihrer fernen Heimat schauen.

Riza Baran, bündnisgrüner Abgeordneter im Landesparlament und kurdischer Abstammung, beschreibt die Atmosphäre als „ziemlich beunruhigt“ und „traurig“. Es sei aber leider immer so, daß die Aufmerksamkeit für die kurdische Sache rasch abnehme, wenn ein anderes Thema auftauche. Aggressiv aber, so versichert er, sei die Stimmung nicht.

Etwas anders beurteilt sein Fraktionskollege Ismail Kosan die Lage: Wenn Öcalan während seines Prozesses wie zu erwarten öffentlich gedemütigt werde, könne es auch in Berlin zu Auseinandersetzungen kommen. Angesichts des Rechtsrucks in der Türkei nach den Wahlen sei zu befürchten, daß ein mögliches Todesurteil gegen den PKK-Führer auch vollzogen werde. Er hoffe jedoch, daß die Kurden nur durch demokratische Aktionen auf ihre Lage aufmerksam machen würden.

Alper Baba von Kurden-Zentrum Koc-Dem am Mehringdamm betont, daß es eine „große Angst“ und „ein bißchen Unruhe“ unter den Kurden in Berlin gebe. Zu Ausschreitungen werde es jedoch nur kommen, wenn man durch türkische Rechtsextremisten provoziert werde.

Der PDS-Parlamentarier Giyasettin Sayan beschreibt die Stimmung als „ziemlich ruhig“. Spannungen befürchtet auch er nur, wenn „rechtsradikale türkische Banden“, die vom Verfassungsschutz vernachlässigt würden, sie provozieren sollten.

Ausschreitungen erwartet Ferat Akagaz vom kurdischen Kulturverein nicht: Die PKK habe ihre Leute so unter Kontrolle, daß es dazu nur komme, wenn sie es wolle – und derzeit wolle sie es nicht.

Pessimistisch zeigt sich dagegen Sen Akyol, der Vorsitzende des Kurdischen Elternvereins. In den Schulen seien immer mehr Pöbeleien zwischen Schülern kurdischer und türkischer Herkunft zu beobachten. „Und diese Spannungen werden noch mehr zunehmen, wenn es keinen fairen Prozeß für Öcalan gibt“, warnt er. Das sei aber nicht zu erwarten. cw/ges

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