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Viel guter Wille bei verhaltener politischer Skepsis

■ Das heutige deutsch-polnische Gipfeltreffen ist nicht frei von historischenVorbelastungen

Warschau (taz) - In Polen ist der Bonner Regierungswechsel noch immer nicht richtig verkraftet worden. Ob sich die verhaltene Skepsis der Polen gegenüber Rot-Grün mit dem deutsch-polnischen „Gipfel“ in Danzig ändern wird, ist höchst fraglich. Zwar treffen sich heute die Innenminister beider Länder, Otto Schily und Janusz Tomaszewski, die Außenminister Joschka Fischer und Bronislaw Geremek, die Verteidigungsminister Rudolf Scharping und Janusz Onyszkiewicz, außerdem die Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Christine Bergmann, und der polnische Bildungsminister Miroslaw Handke, doch auf der Themenliste fehlen die in der Öffentlichkeit heiß diskutierten Punkte: Entschädigung für die polnischen Zwangsarbeiter und Rückgabe der deutschen Kulturgüter. Gerüchten zufolge wollte Kanzler Gerhard Schröder, der bereits gestern angereist ist, um sich vor den eigentlichen Regierungskonsultationen mit Staatspräsident Aleksander Kwasniewski zu treffen, den Hinterbliebenen der 1939 in der Danziger Post ermordeten Beamten eine Entschädigung zusprechen. Doch die Deutsche Botschaft in Warschau dementierte: „Das ist kein Kanzlerthema.“

Sehr wohl ein Kanzlerthema ist allerdings die in letzter Zeit immer lauter erhobene Forderung der Polen, nun endlich auch den polnischen Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen eine Entschädigung zukommen zu lassen. Sie haben sich inzwischen den Sammelklagen in Amerika angeschlossen und erwarten eine Pauschalabfindung in Höhe von 10.000 Mark pro Person. Auch Ministerpräsident Buzek fordert öffentlich: „Es wäre gut, wenn die Entschädigung in diesem Jahr beginnt, in dem wir den 60. Jahrestag des Kriegsausbruchs begehen.“ Ein zweites hochbrisantes Thema, das zumindest offiziell nicht besprochen werden soll, sind die Forderungen der Deutschen nach der Rückgabe der „deutschen Kulturgüter“. Hierbei handelt es sich um Originalpartituren von Mozart, Haydn, Beethoven und weiteren unschätzbar wertvollen Manuskripten. Die Deutschen fordern die Rückgabe dieser Sammlung, haben aber bislang höchst undiplomatisch verhandelt. Es fehlte nicht nur die Anerkennung der systematischen Zerstörung polnischer Kultur durch die Deutschen im Zweiten Weltkrieg, es fehlte auch ein Angebot von deutscher Seite. Die Folge: Stillstand der Verhandlungen. Und das seit Jahren. Jetzt scheint die polnische Regierung einen Überraschungscoup zu planen. Sie will „etwas“ aus der Sammlung zurückgeben, wie es nebulös aus dem Pressebüro der Regierung hieß. Damit wolle man den guten Willen der Polen bezeugen, andererseits aber auch die Deutschen in einen gewissen Zugzwang bringen.

Die Klärung dieser beiden Fragen wird das künftige Verhältnis zwischen Deutschland und Polen bestimmen, nicht dagegen die aktuellen Themen, die auch noch auf der Tagesordnung stehen: Kosovo, Nato und der Beitritt Polens zur EU. Gabriele Lesser

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