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Scherf-Angriff auf die „positive Kraft“

■ SPD wirft CDU „Wortbruch unter Partnern“ vor / Gab es Absprachen zwischen den beiden Parteien, keine Großplakate aufzustellen? / CDU dementiert die Vorwürfe entschieden

Eigentlich will er die „positiven Kräfte der Stadt zusammenführen“. Und bisher, das wurde dem Wahlbürger in Statements und Interviews klargemacht, verstand Bürgermeister Henning Scherf unter diesen positiven Kräften vor allem den derzeitigen Koalitionspartner CDU. Doch nun ist Schluß mit Lustig. Scherf ist verärgert.

„Wortbruch unter Partnern“ wird der CDU von Scherf und dem SPD-Landesvorsitzenden Detlev Albers vorgeworfen. Mit der CDU-Spitze habe es im Vorfeld des Wahlkampfes eine Absprache gegeben, wonach beide Parteien auf Großplakate verzichten. In fast allen Bremer Printmedien erscheint heute eine Anzeige der Sozialdemokraten, die den „Wortbruch“ zum Thema macht (siehe nächste Seite). Mit der Absprache wollte man die Kosten niedrig halten und das Stadtbild nicht über alle Maße verschandeln, erklärt der Landesvorsitzende Albers. Doch nun habe die CDU 360 Großplakate aufgestellt.

„Allein ihr Wortbruch kostet die CDU schätzungsweise 380.000 Mark“, wettert Albers. „Deshalb sind die Angaben der CDU über ihren Etat für den Bürgerschaftswahlkampf unglaubwürdig. Ich fordere die CDU auf, mit offenen Karten zu spielen.“ Die Christdemokraten geben nach eigenen Angaben 500.000 Mark aus.

CDU-Wahlkampfleiter Helmut Pflugradt will jedoch weder die Zahl 360 noch die Kosten von 380.000 Mark bestätigen. „Quatsch“ ist die knappe Antwort. „Ich weiß nicht, woher Albers diese Zahlen hat.“ Auch von den Absprachen habe er nie etwas gehört. Die Großplakate stünden seit dem 19. April. Die CDU-Leitung konterte ähnlich aggressiv: „Frei erfunden“ sei die Aussage, es habe eine Absprache gegeben, erklärte der CDU-Landesvorsitzende Bernd Neumann. Die SPD-Vorhaltungen seien „abwegig und nicht gerechtfertigt“.

Über die Gründe für die neue Tonart im Großkoalitionären Wahlkampf bietet auch Neumann nur Spekulationen. Er führt die Anzeigenkampagne auf die positive Werbewirkung der CDU-Plakate zurück, die die „vier entscheidenden“ Leistungsträger der Großen Koalition abbilde. Dem könne sich auch die SPD nicht entziehen. „Wir können die Verunsicherung der SPD nachvollziehen, denn außer Herrn Scherf hat die SPD gegenüber den vier erfolgreichen CDU-Senatoren wohl keine vorzeigbaren Alternativen.“ Daß die SPD mit ihrer Anzeige nun die Großplakate der CDU in den Mittelpunkt rücke, zeuge allerdings „von einem wirklich guten Klima in der Großen Koalition“.

Absprachen der Parteien in der Vorwahlkampfzeit sind eine ganz normale Sache, erklärt Wolfram Neubrander, Fraktions-Geschäftsführer der AfB. Doch „in den Abspracherunden wird immer viel versprochen und wenig gehalten“, erinnert er sich an vergangene Jahre. Daher wundere es ihn, wenn die SPD blauäugig an ein Versprechen der CDU geglaubt haben sollte.

Am Rande einer Veranstaltung auf die Anzeige angesprochen, antwortete Scherf ausweichend. Ob er auf die CDU jetzt sauer wäre? „Auf die bin ich nicht sauer“, antwortete Scherf und eilte von dannen. Wer nun auf CDU-Seite die Absprache mit Scherf getroffen haben soll, bleibt unklar. Fest steht: Stimmen aus der SPD-Basis hätten sich Großplakate gewünscht, doch Scherf blieb ablehnend. Wenn die Größe von Wahlplakaten das einzige ist, über das die Koalition heute noch streiten kann, muß man vor rot-grün keine Angst haben.

Christoph Dowe

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