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Jacksons Erfolg löst in den USA neue Debatte aus

■ Abgeordnete im Kongreß erhöhen den Druck auf die Clinton-Administration

Das Weiße Haus ist entschlossen, der Dynamik nicht nachzugeben, die sich in den letzten Tagen für eine Feuerpause und eine diplomatische Lösung im Krieg gegen Jugoslawien entwickelt hat. Am Montag jedoch schien Clinton selbst von dieser Dynamik ergriffen worden zu sein: „Ja, eine Bombardierungspause ist denkbar, wenn klar wäre, daß damit der größeren Sache gedient würde“, sagte er auf einer Pressekonferenz mit dem zur Zeit in Washington weilenden japanischen Premierminister Keizo Obuchi. „Das hat weniger Bedeutung, als man auf den ersten Blick denken sollte“, beeilte sich kurz darauf Clintons Sicherheitsberater Samuel Berger zu erklären. „Miloevic weiß genau, was die Bedingungen sind, und er hat sich keine drei Zoll bewegt.“

Andernorts in Washington wird zur Zeit viel über Möglichkeiten nachgedacht, auf diplomatischem Wege zu erreichen, was die Bombenangriffe bisher nicht zustande gebracht haben. Jesse Jackson, der am Wochenende in Belgrad die Freilassung dreier amerikanischer Kriegsgefangener erreicht hatte, bedauerte in der Sendung „Good Morning America“ von ABCNews, daß die Nato auf diese Geste Miloevic' nicht reagierte. Er nannte dies „Götzenanbetung militärischer Gewalt“ und sprach von „Arroganz der Macht“, womit er das berühmt gewordene Urteil des einstigen Senators William Fulbright über den Vietnamkrieg aufgriff. Die USA seien in Gefahr, „die moralische Offensive zu verlieren“, wenn sie jetzt die Gelegenheit nicht nutzten, direkte Gespräche mit Miloevic aufzunehmen.

Auch im Kongreß mehren sich die Stimmen, die eine Bombenpause fordern und eine Verhandlungslösung suchen wollen. Eine Gruppe von Abgeordneten, die sich am Wochenende mit russischen Parlamentariern in Wien getroffen hatten, legten einen Plan vor, bei dem eine Feuerpause als Vorleistung ein erster Schritt sein könnte, dem die Entsendung einer internationalen Truppe folgen sollte. „Wir sollten noch diese Woche die Bombardierng einstellen“, sagte der republikanische Abgeordnete Curt Weldon: „Wenn wir diese Gelegenheit nicht ergreifen, verlieren wir die Initiative.“

Im Senat findet derweil eine Debatte über die Fortsetzung des Krieges statt. Sie folgt der blamablen Schlappe Clintons im Repräsentantenhaus, wo vergangene Woche eine Resolution für den Bombenkrieg keine Mehrheit fand, eine andere hingegen befürwortet wurde, die von Clinton verlangte, die Zustimmung des Kongresses für eine mögliche Ausweitung des Krieges einzuholen. Die Senatoren John McCain aus Arizona und Joseph Biden aus Delaware, Republikaner der eine und Demokrat der andere, forderten den Präsidenten auf, alle für den Sieg erforderlichen Mittel einzusetzen. McCain, der Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden will, versucht sich seit Wochen als Befürworter eines Einsatzes von Bodentruppen zu profilieren und geißelt die vorsichtige, an Meinungsumfragen und Wahlchancen ausgerichtete Gangart Clintons und seiner Kollegen: „Kein US-amerikanischer Soldat sollte sein Leben in einem

Krieg riskieren, für den wir nicht einmal bereit sind, unsere Karriere aufs Spiel zu setzen.“ Die Resolution hat allerdings wenig Chancen, verabschiedet zu werden. Der serbischstämmige republikanische Senator George Voinovich aus Ohio nannte den Bombenkrieg hingegen einen schweren Fehler.

Der demokratische Senator Paul Wellstone aus Minnesota hat sogar einen neuen Plan ausgearbeitet und im Senat vorgestellt: Eine Bombenpause würde es internationalen und bewaffneten Hilfskonvois ermöglichen, Hilfsgüter in das Kosovo zu bringen, um die Not der Flüchtlinge zu lindern, die dort heimatlos umherirren. Serbische Truppen sollten als Gegenleistung für die Feuerpause diese Konvois passieren lassen. Peter Tautfest, Washington

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