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Gen-Food am Ende

■ Frosta will als erster deutscher Hersteller auf Gen-Soja verzichten.

Berlin (taz) – Als erster deutscher Lebensmittelhersteller will jetzt der Tiefkühlkostproduzent „Frosta“ aus Bremerhaven auf gentechnisch hergestellte Produkte weitestgehend verzichten. Das bestätigte Firmensprecher Peter Schmidt gestern gegenüber der taz. „Wir wollen unsere Kunden nicht überreden, gentechnisch veränderte Produkte zu kaufen“, sagte er. Aussortiert werden vor allem Produkte der „Vital“-Reihe. Darunter fallen „Soja-Burger“ und verschiedene Nudelgerichte. Nach Angaben von Frosta sollen nicht nur deklarationspflichtige Produkte vom Markt genommen werden, sondern soweit technisch möglich alle Gerichte, bei deren Herstellung Gentechnik eine Rolle gespielt hat. Eine Garantie, daß sämtliche Produkte aus dem Hause „Frosta“ dann gentechnikfrei seien, könne allerdings nicht gegeben werden.

In der vergangenen Woche hatten bereits neun der zehn großen englischen Handelsketten und verschiedene Unternehmen in Irland, Frankreich, Belgien, Italien, Österreich und der Schweiz angekündigt, bei der Produktion ihrer Eigenmarken auf genveränderte Soja- und Mais-Zusätze zu verzichten.

Vorangegangen war in Großbritannien eine breite gesellschaftliche Diskussion über genmanipulierte Kartoffeln, die nach einer Untersuchung am schottischen „Rowett Research Institute“ zu Vergiftungserscheinungen bei Labor-Ratten geführt hatten. Inzwischen wollen sich auch die britschen Ableger der schweizerischen und niederländischen Lebensmittelgiganten Nestlé und Unilever dem Druck der Verbraucher beugen und den Einsatz von Gentechnik auf ein Mindestmaß zurückschrauben.

Christop Then, Gentechnik-Experte bei Greenpeace, begrüßt die überraschenden Ankündigungen der Wirtschaft. Frosta habe einen „großen Schritt in die richtige Richtung gemacht“. Darüber hinaus sei „es ist sehr wichtig, daß mit Nestlé auch einer der großen Hersteller neue Wege geht“. Das sei ein deutliches Signal an die Gen-Industrie. „Der Protest der Verbraucher zeigt Wirkung.“

Skeptisch reagierte der Bundesverband der Verbraucherinitiativen in Bonn auf die Initiativen der Wirtschaft. Gerd Spelsberg vermutet, es würden nur Versprechen abgegeben, „die nichts kosten“. Die Verwendung von genmanipuliertem Mais oder Soja böte weder Produzenten noch Verbrauchern, sondern ausschließlich den Landwirten beim Anbau entscheidende Vorteile. Ein Verzicht darauf schmerze nicht. Vergessen werde dürfe nicht die lange Liste der genmanipulierten Zusatzstoffe. Spelsberg: „Sie können im Endprodukt nicht nachgewiesen werden.“ Nach der Novel-Food-Verordnung der Europäischen Union sind sie deshalb nicht deklarationspflichtig. Ein vollkommener Verzicht auf Gentechnik sei schon vom Produktionsverfahren her kaum noch möglich.

Die deutschen Handelsketten halten sich mit eigenen Initiativen zurück. Sowohl REWE als auch die Metro AG wollen die Verbraucher entscheiden lassen, welche Produkte sie kaufen. „Dafür müssen die Produkte allerdings deutlich gekennzeichnet sein“, forderte REWE-Sprecher Wolfram Schmuck. Thorsten Denkler

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