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Schröders Silberstreifen

■  Bei der Aussprache zu seinem Haushalt begegnet Kanzler Schröder den wachsenden Zweifeln am Kosovo-Einsatz mit Erfolgsmeldungen. Innenpolitik ist an den Rand gedrängt

Allein ein wohl eher zufällig, weil nicht ganz passend gewählter Begriff vermochte in Erinnerung zu rufen, daß es da noch einen anderen Gerhard Schröder gegeben haben muß als den, der sich gestern dem Deutschen Bundestag verantwortungsgebeugt und souverän präsentierte. Von einer „Doppelstrategie“ sprach der ehemalige Juso-Vorsitzende und jetzige Bundeskanzler in der Generalaussprache zu seinem Haushalt, einer Doppelstrategie, die – the times they are achanging – besage, „militärisch handeln zu müssen, um politisch weiterzukommen“.

Daß genau dieser Zusammenhang immer stärker bezweifelt wird, das nagt augenscheinlich an Schröders Nerven. Es nagt um so mehr, als ihm so bedeutet wird, mit der Verantwortung zunehmend alleine zu sein. Eigene Zweifel kann man da schon gar nicht zeigen. Deshalb hat er in den letzten Tagen den ein oder anderen Bedenkenträger, wie Fraktionschef Struck oder Präsidiumsmitglied Scheer, abgemeiert. Deshalb lauscht er der Debatte mit einer eher düsteren Miene. Doch so kann er die Zweifel nicht ausräumen, die die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Kerstin Müller, dahingehend zusammenfaßt, daß nach sechs Wochen die Ziele der Bombardierung nicht erreicht worden seien. Ähnliche Bedenken gegen den „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Nato“ äußert auch der PDS-Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi. Dezenter beklagen Wolfgang Gerhard für die FDP und Wolfgang Schäuble für die Union, über die strategischen Überlegungen der Nato nicht hinreichend informiert zu werden.

Den PDS-Mann Gysi kann Schröder noch leicht abtun, indem er ihn in die Ecke der falschen Parteilichkeit mit Miloevic stellt. Aber um die wachsenden Zweifel zu mildern, muß er etwas als Erfolg vorweisen, von dem zumindest der amerikanische Bündispartner behauptet, daß es noch kein Fortschritt sei.

Es sei, so resümiert Schröder seine Doppelstrategie, „ganz schrecklich falsch“, anzunehmen, man sei dem politischen Ziel noch nicht nähergekommen. Er erinnert noch einmal an die Ausgangslage, als die Russen sich nicht in der Lage gesehen hätten, einem Einsatz nach Kapitel VII der UN-Charta zuzustimmen. Er erklärt, daß die Strategie nicht geändert werden muß, „weil sie zu greifen beginnt“. Und er erkennt „Annäherung in zentralen politischen Punkten“.

So kann die Regierung mit dem heutigen G 8-Außenministertreffen wenigstens so etwas wie Fortschritt konstatieren. Einen Fortschritt, den Schröder fortschreiben will, indem er in seiner Rede einen möglichen Kompromiß in Sachen serbischer Rückzug andeutet. Er wirft die Frage auf, wie man dessen „Beginn“, von dem die Nato eine Feuerpause abhängig macht, definiere. Von solchen Fragen ist es bis zu einem beidseitigen Waffenstillstand nicht fern. Es verärgert Schröder, wenn ihm blinde Gefolgstreue zur Nato unterstellt wird, wie Volker Rühe es letztens tat. Die Bündnistreue sei vielmehr Bedingung gewesen, daß „Fischer und ich dazu haben beitragen können, daß die UN ihre ihr zukommende Rolle spielen kann“.

„Unsere Strategie ist ohne Alternative, und sie beginnt zu greifen“, resümiert der Kanzler. Zumindest greift sie in der Debatte um seinen Haushalt, drängt die von CDU und FDP aufgeworfenen Fragen und deren Kritiken zur Innenpolitik an den Rand. Überschuldung, Atomausstieg, Steuerreform – sicher, da ist noch was. Doch das steht bei der „Doppelstrategie“ in zweiter Linie. Dieter Rulff, Bonn

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