: Veruntreute die AWO Spendengeld?
■ Staatsanwaltschaft muß AWO-Konten prüfen / Flossen 165.000 Mark Sammelgelder für Flutopfer in ein Altenheim in Danzig? Landesvorsitzende Ute Wedemeier: Ein Buchungsfehler
Im Januar hat die Arbeiterwohlfahrt Bremen ihren langjährigen Geschäftsführer Hans Taake fristlos entlassen, nun wird auch der Vorstand der Wohlfahrtsorganisation in den Fall hineingezogen. In einer anonymen Anzeige werden der Bremer Staatsanwaltschaft Details über dubiose finanzielle Transaktionen mitgeteilt. Verantwortlich, so das Schreiben einer Mitarbeiterin der AWO, sei die Landesvorsitzende Uter Wedemeier, die sich jetzt als „Sauberfrau“ gebe, „wo doch alle wissen, wie eng sie mit Taake zusammenhing“.
Vorwurf Nummer 1: 165.000 Mark aus der bundesweiten Geldsammlung für die Flutopfer in Südpolen seien über das Konto des Bremer Landesverbandes der AWO an die Caritas in Danzig geflossen, „damit dort ein Altenheim gebaut wird“. Das Altenheim sei „ein Prestigeobjekt von ihr und anderen“. In der Tat sitzt Ute Wedemeier im Kuratorium für das Altenheim, eine derartige Umleitung von Geldern habe es aber nicht gegeben, sagt sie. „Wenn da was gebucht worden ist, dann ist das nicht in Ordnung“ – höchstens einen Buchungsfehler kann sie sich vorstellen. Volker Tegeler, stellvertretender Geschäftsführer des Landesverbandes, sagt: „Es gibt so eine Buchung.“ In einer internen Kontrolle nach der Kündigung von Taake sei dies aufgefallen, zur Aufklärung solle ein externer Wirtschaftsprüfer beauftragt werden. Verantwortlich für die Finanzen des Landesverbandes sei aber „durchgehend Herr Taake“ gewesen, sagt Tegeler.
Aufgefallen bei der internen Prüfung ist auch Vorwurf Nummer 2: Die AWO hat sich für Seniorenreisen nach Mallorca von Hapaq Lloyd Provisionen zahlen lassen. Die seien auf ein Konto des Landesverbandes der AWO geflossen, weil sie dort vor einer Finanzamtsprüfung sicherer gewesen seien. Tegeler bestätigt den Vorgang der Provisionszahlungen, meint allerdings, es müsse ein „Buchungsfehler“ gewesen sein. Die ehrenamtliche Landesvorsitzende Wedemeier weiß von diesem Vorgang nichts, „ich kontrolliere solche Sachen doch nicht, das machen die hauptamtlichen Geschäftsführer.“
Kontrolliert werden die Geschäftsführer von den gewählten Revisoren des AWO-Landesverbandes, das sind Detlev Griesche und Karin Freudenthal. Freuden-thal wollte gestern nichts dazu sagen, ob bei ihren Prüfungen ihr etwas aufgefallen sei. Da der Landesverband als Dachverband ohne hauptamtliches Personal nur einen „ganz kleinen Haushalt“ hat (Wedemeier), hätten Summen von Hapaq Lloyd oder 165.000 Mark schon auffallen müssen.
Vorwurf Nummer 3: Die Landesvorsitzende Ute Wedemeier hatte auf AWO-Kosten ein Handy. „Hier werden Beiträge von kleinen Leuten veraast, die von ehrenamtlichen Kassierern fünf Mark weise gesammelt werden“, schreibt die anonyme AWO-Mitarbeiterin an die Staatsanwaltschaft. Obwohl Frau Wedemeier „vor allem Privatgespräche über das Handy“ führe, würde alles von der AWO bezahlt.
Ute Wedemeier hält es für „selbstverständlich“, daß sie als ehrenamtliche Vorsitzende ein dienstliches Handy hat. Insbesondere wegen ihrer Aktivitäten in Riga und Danzig müsse sie erreichbar sein und auch telefonieren können. Wieviel da monatlich fällig wird, weiß sie aber nicht – „die Rechnung geht direkt an die AWO“.
Hintergrund der gegenseitigen Vorwürfe in der Arbeiterwohlfahrt sind offenbar scharfe Konkurrenzen zwischen Bremern und Bremerhavenern. Als es in dieser Woche um die Neubesetzung des ehrenamtlichen Geschäftsführer-Postens im Landesverbandes ging, da sind diese Differenzen wieder aufgebrochen. Lothar Koring, Bremerhavener AWO-Vorsitzender, wollte seinen Bremerhavener Geschäftsführer Volker Tegeler auch im Landesverband zum Geschäftsführer machen. Koring selbst hatte früher auch gegen Ute Wedemeier für den Landesvorsitz kandidiert. Gegen Tegeler sprach allerdings, daß noch ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gegen ihn läuft. Und Koring war früher einmal in schiefes Licht geraten, weil er bei einer Prüfgesellschaft im Vorstand war, die die AWO, wo er Kreisvorsitzender ist, prüfte. Seine Position bei der Prüfgesellschaft mußte er damals niederlegen, den AWO-Posten nicht. K.W.
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