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„Europa kann nerven und ist was fürs Herz“

■ SPD-Wahlkampfauftakt mit Heide Simonis im Zeichen des Krieges

„Europa kann einen ganz schön nerven.“ Schleswig-Holsteins Landesmutter Heide Simonis machte beim Hamburger SPD-Europawahlkampf-Auftakt am Samstag auf dem Gänsemarkt ihrem Ruf als Kodderschnauze wieder einmal alle Ehre. Lauthals schimpfte die Sozialdemokratin über „Auswüchse des bürokratischen Molochs“, sie bedauerte das „arme europäische Parlament“ und betonte die deutlichen Gegensätze zwischen regionalem Interesse und Brüsseler Bürokratendenke.

Dies brachte die altgediente Europa-Abgeordnete Christa Randzio-Plath, die Hamburg auch in den kommenden fünf Jahren im Europäischen Parlament vertreten wird, auf die Palme. Das Europäische Parlament sei nicht arm, sondern kraftvoll dabei, „sich seine Rechte zu erkämpfen, wie das alle Parlamente mußten“.

Von dieser ungeplanten Demonstration der Interessengegensätze von Euro- und LändersozialdemokratInnen abgesehen, glänzte das SPD-Spektakel auf dem Gänsemarkt durch blaue Luftballons, gepflegten Bar-Jazz, einige Regenschirme sowie ein konsequentes Desinteresse des umworbenen Wahlvolks: Gerade mal 150 Menschen, die Mehrzahl Ordner und SPD-Funktionäre, lauschten dem Euro-Talk, mit dem Hamburgs SPD ihren „kommunikativen Wahlkampf“ eröffnete. „In Hamburg ist gegenwärtig keine Wahlstimmung“, räumte denn auch Parteichef Jörg Kuhbier ein.

Das Desinteresse wollte er gleichwohl nicht allein auf Hafengeburtstag, Schmuddelwetter und HSV-Heimspiel schieben. Europa und sein Parlament sind politisch nur schwer zu verkaufen. Weder Simonis und Randzio-Plath noch ihren Talkbegleitern Frank Teichmüller, Norddeutschlands IG-Metall-Chef, sowie Stadtchef Ortwin Runde gelang es, konkrete Gründe für die Bedeutung der Europa-Wahl am 13. Juni zu nennen.

Allein der Nato-Krieg gegen Jugoslawien sorgte kurzfristig für Aufmerksamkeit. Simonis forderte eine Pause der Nato-Luftangriffe, Runde konnte sich eine „Pause“ beim Bomben auf Belgard vorstellen: „Es gibt keinen hygienisch sauberen Krieg, der nur die Missetäter trifft. Deshalb bin ich auch entschieden gegen den Einsatz von Bodentruppen.“ Der militärische Druck müsse aber von Verhandlungsangeboten begeleitet werden.

Krieg auf dem Balkan, Europawahlkampf in Hamburg – wohin geht die Reise? Heide Simonis wußte es wieder mal am besten: Man dürfe Europa nicht immer nur in politischen und ökonomischen Dimensionen diskutieren. Denn: „Europa ist was fürs Herz.“

Florian Marten

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