Talk der Hauswarte

■  Der Einladung der CDU „Hausmeister sind zu Gast“ folgten zwar nur drei Frauen und zwei Männer, doch die hatten jede Menge zu erzählen

Es war alles bestens vorbereitet. Erdbeertorte, Kirschkuchen und belegte Brötchen standen bereit, auch an Kaffee und Säften zum Runterspülen fehlte es nicht. Man hätte locker eine halbe Kompanie beköstigen können. Doch der Einladung der CDU „Hausmeister sind zu Gast“ ins Casino des Abgeordnetenhauses waren am Montag nachmittag nur drei Frauen und zwei Männer ihrer Berufsgruppe gefolgt. Ihnen stand eine Armada von doppelt so vielen CDUlern gegenüber, unter ihnen Generalsekretär Volker Liepelt, der innenpolitische Sprecher Roland Gewalt sowie der Vizepräsident des Abgeordnetenhauses, Reinhard Führer.

Nachdem auch das akademische Viertel verstrichen war, ohne daß auch nur ein Hausmeister mehr erschienen wäre, eröffnete Liepelt das „Café Politik“ mit einem „offiziellen Startschuß ohne Schuß“. Weil ein fehlender Schuß nicht mal nach hinten losgehen kann, brach auch das nicht das Schweigen. Also versuchte Liepelt, den Anwesenden den Mund wäßrig zu machen. „Ich hab da irgendwo Brötchen gesehen“, verwies er auf das üppige Büffet. Dann erklärte er das Prozedere: „Wir kommen zu Ihnen an die Tische. Was Sie auf dem Herzen haben, sollen Sie loswerden.“

Da war Hauswartin Jutta Tschötschel doch recht überrascht. „Ich wollte was von Ihnen hören“, erwiderte die blonde Frau mit den gepflegten, silbern lackierten Fingernägeln, die in Zehlendorf als Hauswartin für die Gehag arbeitet. „Wir sind dazu da, daß Sie was loswerden können“, gab ihr der Generalsekretär den Vortritt. So kam Jutta Tschötschel nicht umhin, Liepelt aufzuklären. „Die meisten Gesellschaften haben gar keine Hausmeister mehr, weil diese nicht auf die Betriebskosten umlagefähig sind.“ Und die, die das nebenbei auf 630-Mark-Basis machen, würden es nicht mehr lange machen. Das saß. Doch Liepelt zeigte sich lernfähig und lenkte das Gespräch auf die Auswirkungen der zum Teil aufgehobenen Fehlbelungsabgabe.

Was anfangs als Fiasko zu enden drohte, wurde dann doch noch eine recht gemütliche Plauderrunde. Das lag aber nur daran, daß die drei Hauswartinnen und zwei Hauswarte so viel zu erzählen hatten, daß man meinte, es mit drei Dutzend zu tun zu haben. Allen voran Jutta Tschötschel, die kein Blatt vor den Mund nahm, und Manfred Blupke, seines Zeichens Hauswart in einem Privathaus mit 61 Mietparteien am S-Bahnhof Charlottenburg.

Munter erzählten sie von Kollegen, die von Mietern wegen Nichtigkeiten bedroht oder gar zusammengeschlagen wurden. „Ich gehe zu bestimmten Mietern nur noch in Begleitperson“, sagte Tschötschel. Blupke fand drastischere Worte: „Es gibt Wohnungen, da kann man nur noch mit der Kalaschnikow rein.“ Schuld sei der Leerstand. Der habe die Anspruchshaltung der Mieter gewaltig geändert. Den Einwand eines CDUlers, daß Konkurrenz den Markt belebe und die Wohnungsbaugesellschaften sich mittlerweile die Mieter aussuchen könnten, ließ Tschötschel nicht gelten. „Können sie nicht“, widersprach sie.

Also wurden weiter Anekdoten von rabiaten Mietern, falsch parkenden Lieferfahrzeugen und Drogendealern zum besten gegeben, die die Politiker zum Teil fein säuberlich notierten. „Ja, da kann man was erleben“, faßte Jutta Tschötschel das Berufsbild zusammen. Blupke antwortete auf die Frage, ob ihm sein Job noch Spaß mache, mit einem lauten Lachen: „Ich habe mich daran gewöhnt.“ Hätte er weniger um die Ohren, würde ihm sogar etwas fehlen. Der Kommentar von Jutta Tschötschel: „Zumindest ist es abwechslungsreicher als Ihr Job.“ Eine Behauptung, der die Politiker nicht widersprachen. Wie facettenreich das Leben eines Hausmeisters oder Hauswartes ist, zeigte nicht zuletzt die CDU-Veranstaltung. B. Bollwahn de Paez Casanova

Hauswart Manfred Blupkes Erfahrung: „Es gibt Wohnungen, da kann man nur noch mit einer Kalaschnikow reingehen.“