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„Ich will mit Europäern über faire Preise diskutieren“

■ 500 Bauernvertreter aus Indien und Brasilien haben eine Karawane auf die Beine gestellt, um beim Weltwirtschaftsgipfel in Köln gegen erzwungene Marktöffnungen zu protestieren

Bangalore (taz) – „Die Preise für Seide, Ölsaaten und Zucker fallen stark.“ Hombale Gowda aus Aralalsandra im südindischen Bundesstaat Karnataka ist empört. Er bewirtschaftet mit seiner Familie sechs Hektar Land. Das Dorf mit 1.400 Einwohnern 65 Kilometer südlich der Landeshauptstadt Bangalore lebt von der Landwirtschaft. Elektrizität gibt es unregelmäßig, die wenigen Telefone funktionieren nur manchmal.

„Die neue Im- und Exportpolitik schadet unserer Landwirtschaft“, sagt der 47jährige Gowda. Seit die Welthandelsorganisation Indien gezwungen habe, den Markt für Palmölimporte zu öffnen, sackten die Preise ab. Es gibt Berichte über Selbstmorde überschuldeter Bauern. Im November wurden in Karnataka fünf Bauern bei Protesten gegen den Verfall der Erdnußpreise getötet.

Aralalsandra ist eine Hochburg der KRRS, des Bauernverbands von Karnataka, der 10 Millionen Mitglieder hat. An diesem Abend versammeln sich rund hundert Bauern auf dem staubigen Platz vor der Schule. Viele tragen den grünen KRRS-Schal und löchern ihre Besucher: „Wie funktioniert die Landwirtschaft in Europa?“ – „Wieviel Subventionen bekommen die Bauern?“ Als der Strom ausfällt, geht es im Schein einer Batterielampe weiter: „Sollten wir nicht gemeinsam kämpfen?“

Zweimal konnte die KRRS bereits eine halbe Million Menschen zu Demonstrationen gegen die WTO mobilisieren. Jetzt hat sie die „Internkontinentale Karawane“ initiiert, mit der ab diesem Wochenende 500 Vertreter von Basisorganisationen aus Indien und der brasilianischen Landlosenbewegung quer durch Europa reisen wollen. Endziel ist Köln, wo Mitte Juni der Weltwirtschaftsgipfel stattfindet. Auch Hombale Gowda und zwei Kollegen gehen mit: „Ich will über faire Preise diskutieren.“

Ursprünglich galt die Idee zur Karawane bei den europäischen Partnern vom Netzwerk „People's Global Action“ nur als „total verrücktes Projekt“. KRRS geht aber davon aus, daß die für die Globalisierung Verantwortlichen es sich zwar leisten können, Proteste in südlichen Ländern zu ignorieren, aber nicht im Norden. Außerdem hoffen sie auf internationale Vernetzung – die Bauern wollen in Belgien über die Doppelmoral des Westens im Umgang mit den indischen Atomversuchen diskutieren und in Frankreich Erwerbslosenkomitees treffen. Sven Hansen

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