: Händedruck zwischen Strieder und Klemann
■ Morgen will der Senat den Masterplan alias „Planwerk Innenstadt“ verabschieden. Stadtentwicklungssenator und Bausenator haben sich überraschend auf einen Kompromiß geeinigt. Bezirke wurden wieder nicht informiert
Neuer Plan, alte Methode: Heute treten Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) und Bausenator Jürgen Klemann (CDU) vor die Presse, um gemeinsam den Masterplan alias „Planwerk Innenstadt“ in seiner aktuellen Fassung vorzustellen. Nur einen Tag später soll – ohne weitere Debatte – der Senat das Planwerk beschließen. Das Innenstadtkonzept hätte dann Leitliniencharakter. Bisher kennen weder Fachverwaltungen und Fachöffentlichkeit noch die Bezirke den „Konsensplan“ der beiden Senatoren.
Mit einem ähnlichen Coup hatte Strieder vor zweieinhalb Jahren den ersten Entwurf des Planwerks präsentiert, das erhebliche Verdichtungen vor allem in der östlichen Innenstadt vorsah und den „historischen Grundriß“ in der Stadtmitte wiederbeleben sollte. Die Folge waren heftige Debatten über den Umgang mit der Stadt und ihren Bewohnern, über städtische Identität, Ost und West und über demokratische Planungskultur. Vorgeworfen wurden Strieder und den vier Planwerksautoren damals vor allem die „selbstherrliche Planung im stillen Kämmerlein“ sowie die Mißachtung und Bekämpfung der städtebaulichen Moderne.
Aufgrund der massiven Kritik sah sich der Senator veranlaßt, in den letzten beiden Jahren zu einzelnen Bereichen Planungswerkstätten unter Einbeziehung der Bezirke sowie diverse Diskussionsveranstaltungen durchzuführen.
Der neue Plan, der der taz vorliegt, zeigt jedoch, daß nur begrenzt auf die Kritik insbesondere im Bezirk Mitte eingegangen wurde. So ist im Wohngebiet nördlich der Karl-Marx-Allee weiterhin der diagonale Durchbruch längst nicht mehr vorhandener Straßen samt Randbebauung vorgesehen. Gegen den Willen des Bezirks sind weiterhin Blockschließungen der offenen Plattenbauweise geplant. Konfliktstoff bleibt auch die Fischerinsel, für die der Bezirk einen Bebauungsplan aufgestellt hat. Das Planwerk sieht hier eine weitere Verdichtung vor, was der Bezirk ablehnt, und durchkreuzt damit auch dessen Planung einer durchgehenden Uferpromenade.
Als Zugeständnis an die Kritik aus dem Osten kann der Verzicht auf eine weitere Bebauung der Leipziger Straße gewertet werden. Ebenso besteht Konsens über die Gestaltung der Karl-Marx-Allee, der Alexander- und der Gertraudenstraße.
Wo auf geplante Bauten verzichtet wurde, findet man jedoch andernorts neue Blöcke, auch in bisherigen grünen Parks wie am Reichpietschufer im Westteil der Stadt. Beibehalten wurde gleichfalls der geplante Riegel vor dem Mehringplatz.
Zwar ist der Alexanderplatz im Zentrum Ost noch als diskussionsbedürftig gekennzeichnet, dennoch deuten die eingezeichneten Namen alter Straßen und des längst nicht mehr vorhandenen „Neuen Markts“ sowie die Versetzung des Neptunbrunnens auf den Schloßplatz darauf hin, daß auch hier am alten Raster festgehalten wird.
Sogar Denkmälern widmet sich der Plan: Während das Holocaust-Mahnmal nicht erwähnt wird, sind dagegen Unter den Linden die drei Standbilder preußischer Generäle wiederaufgetaucht. Und das, obwohl Strieder noch vor kurzem beteuert hatte, wegen des Kosovo-Krieges käme das nicht in Frage.
Ulrike Steglich
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