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Wahrlich kein Grund zum Feiern für die Hochschulen

■ Die Koalition betont: Die Hochschulverträge stehen, Kürzungen wurden sogar reduziert, doch auch eine Parlamentsdebatte kann nicht erhellen, woher das Geld denn kommen soll

Gestern wollte die Große Koalition im Parlament ihre eigene Hochschulpolitik feiern, eigens eine Aktuelle Stunde hatten CDU und SPD dafür angesetzt. Aber die richtige Feststimmung wollte nicht aufkommen. Zu dürftig die Ergebnisse dieser Politik, zu düster die Zukunftsaussichten, das wurde im Verlauf der Debatte klar.

Nach monatelangen Verhandlungen haben sich Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) und Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) jetzt auf die Verträge mit den Hochschulen geeinigt, die die Zuschüsse für die Jahre 2001 und 2002 regeln. Dabei hat sich Radunski weitgehend durchgesetzt: Von den bereits beschlossenen zusätzlichen Haushaltskürzungen in Höhe von 76 Millionen Mark bleiben die Hochschulen verschont. Nicht nur das: Im Jahr 2001 erhalten sie sogar 34 Millionen Mark mehr als bisher, im Jahr 2002 kommen weitere 32 Millionen Mark hinzu.

Nach Ansicht Radunskis ist das eine „Zukunftsinvestition für unsere Stadt Berlin“. Die gesetzlich vorgegebene Mindestzahl von 85.000 Studienplätzen könne dadurch gehalten werden. Diese Plätze müßten sich aber weiterhin „130.000 bis 140.000 Studierende“ teilen.

Über das ohnehin geplante Maß hinaus müssen die Hochschulen jetzt tatsächlich nicht mehr sparen. Unter dem Strich werden sie aber auch nicht reicher. Denn mit dem zusätzlichen Geld müssen sie neben Gehaltssteigerungen vor allem die Pensionen für jene Professoren bezahlen, die in den kommenden Jahren gleich reihenweise in den Ruhestand gehen. „Das ist bestenfalls ein Nullsummenspiel“, hielt auch der bündnisgrüne Hochschulexperte Anselm Lange dem Senator entgegen.

Völlig unklar ist dazu noch, woher das Geld für die Hochschulen kommen soll. Ursprünglich hatte Fugmann-Heesing darauf bestanden, daß Radunski das zusätzliche Geld in seinem eigenen Ressort zusammenkratzt, indem er den Haushaltsposten für das geschlossene Metropol-Theater den Hochschulen zuführt. Inzwischen hat Radunski aber die Wiedereröffnung der Bühne angekündigt. Und bei der SPD schwindet angesichts des nahenden Wahltermins offenbar die Lust, die Finanzsenatorin bei der Durchsetzung der unpopulären Sparpolitik zu unterstützen.

Diesen sozialdemokratischen Zwiespalt drückte auch die über weite Strecken unverständliche Rede des Abgeordneten Bert Flemming aus, der einerseits die „Schutzfunktion der Hochschulverträge“ für die Hochschulen beschwor, andererseits aber einen „verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen“ anmahnte.

Ralph Bollmann

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