Strahlenkrebs auf der Spur

■ Schwedische Uni erfaßt Tschernobyl-Belastung von einer Million Menschen

Stockholm (taz) – Über eine Million Menschen werden an einem bislang einmaligen schwedischen Forschungsprojekt teilnehmen, das sich mit den Folgen der Tschernobyl-Niederschläge in weit vom Katastrophenort entfernt liegenden Gegenden beschäftigt. Zu Beginn der Studie in diesem Jahr werden alle SchwedInnen im Alter von bis zu sechzig Jahren, die jemals in einer der dreizehn betroffenen Provinzen gelebt haben, in einem speziellen Krebsregister erfaßt.

Dieses soll zukünftig mit Hilfe anderer Datenbanken und des Zentralregisters, über das Schweden bereits seit langem verfügt, regelmäßig aktualisiert werden. Die ForscherInnen der Universität Linköping hoffen, auf diese Weise endlich die Frage beantworten zu können, welche gesundheitlichen Auswirkungen die sogenannte Schwachstrahlung hat und ob sie einen meßbaren Anstieg von Krebserkrankungen herbeiführt.

Um an Vergleichszahlen zu kommen, werden in der Studie Einwohner, die in Gebieten mit besonders starkem radioaktivem Niederschlag leben, mit denen verglichen, die in vom primären Tschernobyl-Niederschlag kaum belasteten Regionen wohnen. „Es gab eine ziemliche Angst unter der Bevölkerung, daß allein durch die Niederschläge oder belastete Nahrung das Krebsrisiko steigen würde“, sagt Martin Tondel, Facharzt für Arbeitsplatz- und Umweltmedizin an der Universität Linköping und verantwortlich für die Studie. „Vielleicht können wir bereits nach der ersten Etappe des Projekts hierzu etwas sagen.“ Die erste Etappe werde das Jahr 1996 zur Basis haben. Tondel: „Zehn Jahre sind eigentlich ein zu kurzer Zeitraum, um ein erhöhtes Krebsrisiko nachweisen zu können, wir werden also vermutlich langfristig weiterarbeiten müssen und die Register auch in Zukunft abgleichen müssen.“

Einer Identifikation einzelner an der Studie beteiligter Einwohner wollen die Forscher im übrigen durch eine Anonymisierung der Daten zuvorkommen. Reinhard Wolff