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Black & White

Das halbe orthodoxe Israel fiel voriges Jahr in Ohnmacht, als Dana International – eine Frau, die früher ein Mann war – für Israel beim Grand Prix Eurovision startete. Obendrein gewann sie noch und widmete ihren Triumph „meinem Land und allen Schwulen und Lesben auf der ganzen Welt“. Die Gruppe, die Israel am 29. Mai beim Songcontest vertritt, war und ist kaum weniger umstritten. Sie heißt Eden und besteht aus vier Männern. Zwei von ihnen haben weiße Haut, die beiden anderen indes schwarze. Sie gehören zu den nichtjüdischen Schwarzen Hebräern aus Dimona und sind Kinder von Afroamerikanern, die Ende der sechziger Jahre nach Israel kamen. Die beiden dunkelhäutigen Brüder Gabriel und Eddie Butler stekken in ihrem Land in einer seltsamen Situation. Obwohl Eddie, der in Israel geboren ist, und Gabriel, der seit seinem achten Geburtstag dort lebt, als talentiert genug anerkannt werden, den Staat bei den internationalen Wettkampf zu vertreten, sind beide offiziell keine Bürger Israels.

Die vier jungen Interpreten gehen mit dem Titel Yom Huledet („Happy Birthday“) in den Wettbewerb und gelten schon jetzt in Israel als relativ chancenlos. Die Worte des flotten, wenn auch etwas langweiligen Songs stammen aus der Feder von Jakow Oved, der erklärtermaßen in seiner „präphrophetischen Phase“ war, als er den Text schrieb und glaubt, „sein Lied, wird vielleicht das Millennium einläuten“.

Sollte „Eden“ gewinnen, würde Oved das jedenfalls als unmißverständliches Zeichen „aus der obersten Etage“ empfinden. Der Gründer der hebräischen Glaubensgemeinschaft, der sich heute Ben-Ammi nennt, hatte offenbar ein ähnliches Zeichen empfangen, als er sich mit einer Gruppe von 350 seiner Anhänger auf den Weg ins Heilige Land machte. Ben-Ammi hielt seine Jünger dazu an, die Gesetze der fünf Bücher Moses zu befolgen, hebräische Namen anzunehmen und zudem auf bestimmte Nahrungsmittel zu verzichten. Fleisch ist unter den „Schwarzen Hebräern“ verpönt, außerdem essen sie vier Wochen im Jahr nur Rohkost.

Israel duldete die seltsame Gemeinde, die inzwischen auf zweitausend Mitglieder angewachsen ist, ohne ihnen jedoch Staatsbürgerrechte zukommen zu lassen. Vorübergehend mußten sie sich quasi illegal im Land aufhalten, bis 1990 schließlich ein Agreement mit dem damaligen Innenminister Arye Deri (von der religiösen Schas-Partei) abgeschlossen werden konnte.

Im Gegenzug dafür, daß die „Schwarzen Hebräer“ ihre bis damals praktizierte Polygamie aufgaben, und sich zusätzlich dazu verpflichteten, keine neuen Anhänger aus den USA ins Land zu bringen, erklärte sie Deri zu temporären Bürgern. Damit sind sie zwar legal im Land. An den jüngsten Wahlen durften sie nicht teilnehmen. Die Butler-Brüder begreifen ihren Auftritt in einer Hinsicht als politisch. Eddie Butler: „Vielleicht helfen wir mit unserem Auftritt, daß wir irgendwann auch als Israelis respektiert werden.“ Susanne Knaul

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