: Kriminalität sinkt statistisch
Bundesinnenminister Schily sieht rückläufige Gesamttendenz. Anlaß zur Sorge bleibt Gewaltbereitschaft bei Kindern und Jugendlichen ■ Aus Bonn Sebastian Sedlmayr
Bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik 1998 gestern in Bonn schlug Bundesinnenminister Otto Schily vergleichsweise milde Töne an. Die Delikte seien „in der Gesamttendenz“ rückgängig. Schily wertete es als „erfreuliche Entwicklung, daß auch die Aufklärungsquote verbessert werden konnte.
Der Innenminister betonte, daß auch die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen weiter abgenommen habe, und wies darauf hin, daß eine Reihe von Delikten nur von Ausländern begangen werden können. Trotz der niedrigsten Kriminalitätsrate seit 1993 warnte Schily davor, die Situation als entspannt zu bezeichnen. Besonders die „wachsende Gewaltbereitschaft“ bei Kindern und Jugendlichen gebe Anlaß zur Sorge.
Um künftig ein genaueres Bild der Verbrechen in Deutschland zu erlangen, solle „demnächst“ ein Sicherheitsbericht umfassendere und detailliertere Daten bringen. Bis dahin wolle man die erfolgreiche Doppelstrategie aus entschiedenem Vorgehen sowie der Suche nach den Ursachen für Kriminalität weiter verfolgen. Zur wirksameren Verbrechensbekämpfung wolle Schily auch prüfen, „ob es weitergehenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf gibt“.
Klaus Hardraht, Sachsens Innenminister und Vorsitzender der Innenministerkonferenz der Länder, wies darauf hin, daß gerade in Sachsen illegale Grenzüberschreitungen von Flüchtlingen aus dem Kosovo die Statistik verzerrt hätten. Bereinigt ergäben sich 1,3 Prozent weniger Delikte als im Vorjahr. Auch die Schwere der Verbrechen sei rückläufig. Raubdelikte sanken um 7,4 Prozent, dafür stiegen besonders im Osten Ladendiebstähle an. Hardraht kündigte an, die Innenminister wollten die „Schere zwischen objektiver Sicherheit und subjektivem Sicherheitsgefühl“ schließen. Um die Angst auf Deutschlands Straßen zu verringern, solle die Polizeipräsenz erhöht werden.
Wie Hardraht befürwortet auch Schily die direkte Wiedergutmachung am Opfer. Der erweiterte Kreis von Tatverdächtigen unter Kindern und Jugendlichen beziehe sich hauptsächlich auf kleinere Delikte. Kinder wüßten oft nicht, daß Graffitimalen oder Ladendiebstahl keine Bagatelldelikte seien, so Hardraht.
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