: „Dieser faselnde Blender Rausch“
■ Radio-Ikone Günther Koch über seine Rundfunkreportage und den Nürnberger Abstieg
taz: Herr Koch, wie geht es Ihnen heute?
Günther Koch: Nicht einmal das weiß ich.
Wie konnte dieser Abstieg passieren? Sind's unglückliche Umstände gewesen, oder waltet ein Naturgesetz, das besagt, der 1. FC Nürnberg verspielt in letzter Minute gegen Freiburg den Klassenerhalt – siehe 1994?
Diesmal war es noch schlimmer. Diesmal lag es am fehlenden Charakter der Verantwortlichen auf dem Rasen und vor allem auf der Bank. Rausch, dieser Besserwisser, der mich neulich wegen meiner zu objektiven Reportagen öffentlich auf primitive Weise anmachte, faselte während der Woche was von Platz zehn. Roth hat sich von diesem Blender täuschen lassen. Die Mannschaft offenbar nicht. Sicher war es auch vollkommen verkehrt, daß der Präsident in den entscheidenden zwei Wochen vor dem Saisonfinale abermals in Urlaub war.
Ihre Radioreportage in der ARD-Schlußkonferenz war nicht nur zum Herzzerreißen tragisch, leidenschaftlich, sondern hat auch die Grenzen des Journalismus gesprengt. Sie haben den Hörern vermittelt, das alles nicht mehr auszuhalten, körperlich, psychisch.
Meine Aufgabe ist es, immer und überall ein wahrheitsgemäßes, objektives und dennoch eindringlich persönliches Bild vom Augenblick wiederzugeben. Das versuchte ich auch gestern, am 29. Mai. Und da bringe ich mich voll ein. Das hat der Hörer verdient. Als die Fans, ja die Kollegen immer wieder rat- und hilfesuchend zu mir herüberschauten und ich das Unglück kommen sah, mußte ich das allgemeine Entsetzen über das tragische Gebaren unten, auf und neben dem Spielfeld, in Worte und Bilder umsetzen.
Manfred Breuckmann vom WDR sprach Ihnenüber den Äther sein ehrliches Beileid aus.
Das hat mich gerührt und gestärkt und ehrt die lieben Kollegen. Nach dem Spiel und bis spät in die Nacht haben mir überraschend viele BR- und ARD-Kollegen ihren Respekt zum Teil sogar schriftlich gezollt. Das hat mir sehr geholfen. Danke.
Denken Sie nach dieser Woche – Sie haben auch das Champions-League-Finale übertragen – ans Aufhören? Zumindest, was den Club betrifft? Oder ist es einfach ihr Schicksal, das Elend an der Noris zur Sprache zu bringen?
Sicher brauche ich jetzt erst mal ein paar Wochen Abstand und Pause vom Fußball, dann sehe ich weiter. Interview: Jürgen Roth
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