: Querspalte
■ Karstadt: Fair geht vor!
Jürgen Trittin ist nicht zu beneiden. Er muß zähneknirschend ja sagen zum Serbensterben und sehr entschlossen drohen mit einem Pfandpreis für Getränkedosen. Und dann schockte ihn kürzlich auch noch die Zeitschrift GQ mit der Nachricht, daß die deutschen Frauen ihn und seinen buschigen Jürgen oberhalb der Lippe überhaupt nicht sexy finden.
Als besonders wohltuend muß der Herr Minister angesichts dessen seinen Promotion-Auftritt für den Karstadt-Konzern empfunden haben. Zumal er dabei, wie die Süddeutsche Zeitung recherchiert hat, eingerahmt war „von zwei kaffeebraunen Hostessen aus Afrika“. Aber warum macht eigentlich ein grünes Regierungsmitglied Kaufhauswerbung? Weil es um eine echt gute Sache geht.
Trittins Einsatz auf deutschen Warenhaus-Boden ist Teil einer Kampagne, mit der Karstadt seinen Kunden sogenannte TransFair-Produkte ans Herz legen will – Lebensmittel, für die die Importeure den Produzenten in der Dritten Welt angemessene Preise zahlen. Dementsprechend teuer sind diese Waren. Bisher waren nur die Kunden im weitesten Sinne alternativer Geschäfte bereit, für Kaffee, Tee oder Obst ein paar Groschen mehr zu zahlen, damit es den Drittweltbauern wenigstens ein bißchen besser geht. Karstadt dagegen macht derzeit nur 2 Prozent seines Eß-und-Trinkwaren-Umsatzes mit fairen Produkten.
Die menschenfreundlichen Menschen von Karstadt haben nicht nur Jürgen Trittin rekrutiert, sondern verteilen auch Flugblätter (irgendwie links, diese Kaufhausleute) und zeigen ein aufklärerisches Video (irgendwie modern). Die Feierlichkeiten zu seinem 120. Geburtstag in zwei Jahren stellt der Konzern womöglich unter ein besonders knalliges Motto: Karstadt – das einzige Kaufhaus, wo Sie ethnisch bewußt einkaufen können! René Martens
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen