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Dividenden steigen, Gehälter sinken

■ HEW erwirtschaften Rekordgewinne mit nur 60 Prozent Atomstrom

Während die Dividenden nie gekannte Höhen erreichen, versuchen die Hamburgischen Electricitätswerke bei den Gehältern zu sparen: Mit 27 Prozent hat der HEW-Vorstand für das Geschäftsjahr 1998 eine Dividende vorgeschlagen, die doppelt so hoch liegt wie Anfang der 90er Jahre. Die Eigenkapitalrendite des Stromversorgers, der zu etwas mehr als der Hälfte der Stadt Hamburg gehört, stieg auf die lange angepeilten 15 Prozent. Trotzdem werden neue Mitarbeiter seit dem 1. Oktober 1998 nicht mehr, wie bis dato üblich, über Tarif bezahlt.

Vorstandssprecher Manfred Timm reagierte gestern vergrätzt auf kritische Fragen zum neuen Gehaltsmodell. Sein Unternehmen habe Kunden, Aktionären und Mitarbeitern gleichermaßen gerecht zu werden. „Wir sind der Meinung, diesen Mitarbeitern geht es gut“, verkündete er. Die Aktionärsrendite dagegen – orientiert am Preis und nicht am Nennwert der HEW-Aktien – liege bei lächerlichen zwei bis drei Prozent. Zugleich lobte Timm die gute Entwicklung der HEW-Aktien, die seit 1993 jährlich 18,1 Prozent an Wert gewonnen haben. Der Deutsche Aktienindex (DAX) legte jährlich nur um 17,2 Prozent zu.

Der 1998er Rekordgewinn von 163 Millionen Mark gegenüber 145 Millionen im Jahr 1997 kam zwar vor allem dadurch zustande, daß Steuern, die noch im Jahr davor zu zahlen waren, wegfielen. Trotzdem legten die HEW einen Kavaliersstart aufs Parkett des liberalisierten Strommarkts. Während das Unternehmen im vergangenen Jahr 12,2 Millionen Kilowattstunden Strom an Hamburger Kunden verkaufte – kaum weniger als im Jahr davor – konnte es im übrigen Bundesgebiet neue Kunden für weitere fünf Milliarden Kilowattstunden (KWH) gewinnen. Demnächst werde die sechs Milliarden-KWH-Schwelle erreicht, prophezeite Timm. Damit hielten die HEW einen Marktanteil von fünf Prozent in Deutschland.

Wenig Freude machten Timm die „extrem wirtschaftlichen“ Atomkraftwerke. Weil Brunsbüttel renoviert werden mußte und Krümmel durch „ungeplante Vorkommnisse“ erst verspätet wieder angefahren werden konnte, sank der Atomstromanteil bei den HEW auf gut 60 Prozent. Normal sind 80 Prozent. Weil fossile Brennstoffe teurer waren, hätten die HEW mehr Geld ausgeben müssen.

Für Normalkunden eine zweischneidige Nachricht, deren Effekt niemand bemerken wird: Demnächst wollen die HEW den Strompreis pro KWH für Tarifkunden um 0,9 Pfennige senken. Die Ökosteuer von zwei Pfennigen wird dadurch teilweise neutralisiert. Gernot Knödler

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