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Subventionsbetrug und Brandstiftung

■ In Spanien versickern EU-Millionen für den Leinenanbau.

Madrid (taz) – Subventionsbetrug mit niemals eingefahrenen Ernten, Brandstiftung zur Beweisvernichtung, Hintermänner bis hinauf ins Madrider Landwirtschaftsministerium: Im „Leinenskandal“ haben Spaniens Politiker von einem schmutzigen Millionengeschäft gewußt und weggeschaut – zumindest bis der Wahlkampf begann.

Seit Anfang der 90er Jahre unterstützt die EU Anbau und Verarbeitung von Leinen mit bis zu 1.500 Mark pro Hektar. Die Unternehmen stellen die Zeugnisse über die angelieferte Menge aus. Allein im letzten Jahr flossen knapp 120 Millionen Mark EU-Subventionen nach Spanien. Ein Großteil davon ging in die zentralspanische Region Castilla-La Mancha.

Den Investoren waren die legalen Gewinne nicht genug. Sie stellten sich selbst überhöhte Ertragszeugnisse aus. So lautet zumindest die Anschuldigung, die eine Landwirtschaftskooperative aus dem benachbarten Extremadurien erhebt. „Wieviel Stunden arbeiten die in Castill-La Mancha?“ heißt es in einem Brief an den spanischen Verband der Leinenindustrie. „Sie verarbeiten 20.000 Hektar in ein paar Monaten. Wir bräuchten dazu drei Jahre. Einige Betriebe zahlen weniger Strom als eine Durchschnittsfamilie.“

Auch die EU-Kommission hatte Anfang des Jahres Verdacht geschöpft und einen Brief nach Madrid an die Vergabebehörde für EU-Subventionen (FEGA) gesandt. Doch bevor die Kontrolleure zuschlugen, kam den Subventionsjägern der Zufall zur Hilfe. In sieben Leinenbetrieben brannten die Lagerbestände aus. Zumindest in einem Fall stand die örtliche Feuerwehr untätig dabei. Die Besitzer dieses Unglücksbetriebes: die Familie von Nicolás López de Coca, Chef der Vergabebehörde FEGA, die allein in den letzten vier Jahren 3,5 Millionen Mark EU-Gelder mit den Leinengeschäften eingestrichen hat. Auch andere hohe Funktionäre aus dem Landwirtschaftsministerium und der Regierungsdelegation füllten ihre Kassen mit dem lukrativen Leinenanbau. Der dazugehörige Betrieb fiel ebenfalls den Flammen zum Opfer.

Die sozialistische Opposition in Madrid forderte erfolgreich einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß. Für sie steckt hinter den Vorfällen die konservative Politikerin Loyola de Palacio, bis vor zwei Wochen Landwirtschaftsministerin in der Regierung von José Maria Aznar und jetzt Spitzenkandidatin der Volkspartei (PP) bei den Europawahlen. Doch fürdie Bewilligung der Subventionen vor Ort sind die Regionalregierungen verantwortlich. Und vor den Europawahlen und den zeitgleichen Kommunal- und Regionalwahlen, wollen auch die Sozialisten vom Betrug nichts mitbekommen haben. Inzwischen brannte es wieder: Ausgerechnet bei der Kooperative, die den Betrug öffentlich gemacht hatte. Reiner Wandler

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