: Koalition: Jedes Jahr 2,1 Prozent kürzen
■ Zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen stimmten SPD und CDU „in der Tendenz“ dem Ziel eines Nullwachstums für den Saldo der Ausgaben zu / „Knackpunkt Bundesratsklausel“ vertagt
Die beiden Koalitionspartner haben sich gestern „in der Tendenz“, wie CDU-Landesvorsitzender Bernd Neumann sagte, mit einem Papier des Finanzressorts über die Zwänge der Sanierungspolitik einverstanden erklärt. Kernpunkt: Unter dem Strich soll es über die nächsten Jahre ein „Nullwachstum“ auf der Ausgabenseite geben.
Die Zins-Belastungen werden dabei als einigermaßen konstant angenommen, auch die Investitionsquote. Bei den Personalausgaben rechnen die Finanzpolitiker mit steigenden Pensionslasten und höheren Tarifabschlüssen. Durch Stellenstreichungen sollen die Personalausgaben insgesamt aber nur um 1,3 Prozent jährlich steigen. Dafür müssen die Kosten im „sächlichen Verwaltungsbereich“ und bei den Zuwendungen um jährlich 2,1 Prozent sinken.
Auch für den Sozialleistungsbereich, der mit 1,2 Milliarde Mark mehr als ein Drittel der konsumtiven Ausgaben ausmacht, geht die Prognose von einem „Nullwachstum“ aus. Bisher hatte das Sozialresssort mit 5 Prozent Ausgabenwachstum prognostiziert, das Finanzressort wollte dies auf 3 Prozent begrenzt wissen. Da es sich weitgehend um gesetzliche Ansprüche handelt, sei die Null unter dem Strich eine „höchst gewagte Annahme“, erklärte SPD-Verhandler Detlev Albers dazu. Der neueste Controlling-Bericht für die Sozialausgaben deute aber darauf hin, daß das Nullwachstum zumindest für 1999 erreicht werden könne.
Am Hochschul-Investitionsprogramm soll festgehalten werden, da fehlen aber noch 400 Millionen Mark. Die Zuschüsse für die BSAG sollen „nachhaltig verringert“ werden, gegebenenfalls unter Gewinnung „strategischer Partner“, d.h. der Privatisierung der BSAG. Angehoben werden sollen die Eckwerte für Bildung und Kultur.
„Erleichternd für die Umsetzung des restriktiven Ausgabenkurses muß sich auswirken“, formuliert das vom Finanzsenator vorgelegte Papier recht ultimativ, daß durch das Investitions-Sonder-Programm (ISP) „Beschäftigungseffekte“ eintreten – das war bisher nicht der Fall – und dadurch die Ausgaben für Sozialhilfe und Arbeitsmarktpolitik „deutlich“ sinken.
Auf die kommende Woche vertagt haben die Koalitionsverhandler ihren Streit um die „Bundesratsklausel“. (vgl. Bericht auch Seite 6) Während die beiden Seiten auf der gemeinsamen Pressekonferenz ausdrücklich das „fröhliche Klima“ der Verhandlungen lobten, fütterten sie die Agenturen in Telefon-Interviews mit streitbaren formulierungen. Das künftige Verhalten Bremens im Bundesrat ist „ein Knackpunkt“ in den Koalitionsverhandlungen mit der Bremer CDU, meinte so SPD-Regierungschef Henning Scherf: „Wir wollen das abgewogen und für das Land vorteilhaft lösen.“ „Rein rechnerisch haben wir auch eine Mehrheit für Rot-Grün in der Bürgerschaft, die es in dieser Weise bisher nicht gab“, erinnerte Parteichef Detlev Albers. Der CDU-Spitzenkandidat Hartmut Perschau habe „im Vorfeld des Wahlkampfes gesagt, den Christdemokraten geht es darum, eine Sperrminorität gegen die rot-grüne Bundesregierung in Bonn aufzubauen.“ Das darf für Albers aber nicht sein nach diesem Wahlergebnis.
Rot-grüne Gedankenspiele in der Bremer SPD nannte Neumann „Theaterdonner im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen“. Aber „ein Abstimmungsverhalten im Bundesrat, das sich am Wohl des Bundeslandes orientiert, wäre vorstellbar.“ K.W.
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