Elektronische Fußfesseln im Test

Modellversuche mit Hausarrest in Mannheim und Hamburg. Kontroverse bei den Regierungsfraktionen: Grüne sind skeptisch  ■   Aus Baden-Baden Christian Rath

Anfang nächsten Jahres sollen in Deutschland erste Modellversuche mit dem elektronischen Hausarrest starten. Dies ist das Ergebnis einer Konferenz der JustizministerInnen von Bund und Ländern, die gestern in Baden-Baden zu Ende ging.

Modellversuche wird es zunächst in Baden-Wüttemberg und Hamburg geben. Beim elektronischen Hausarrest wird StraftäterInnen ein Sender am Fußgelenk befestigt, der Signale an das häusliche Telefon schickt. Entfernt sich der Träger zu weit, wird ein Alarm ausgelöst. „So können wir manche kriminelle Karriere verhindern, die durch einen Gefängnisaufenthalt begünstigt würde“, betonte Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP). Ähnlich argumentierte seine Kollegin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) aus Hamburg: „Wir müssen die sozialen Nebenfolgen des Gefängnisaufenthaltes vermeiden, wo es möglich ist. Wer in Haft muß, verliert seine Arbeit und oft auch die Familienbindung.“ Gewalt- und SexualstraftäterInnen sollen freilich nicht für den Hausarrest in Frage kommen.

Wesentlicher Unterschied der beiden Modellversuche: In Baden-Württemberg will man für das Testjahr nur TäterInnen aufnehmen, die ihre Geldstrafe nicht bezahlen können und sonst ins Gefängnis müßten. In Hamburg sollen dagegen bei einem drei- bis vierjährigen Test auch DelinquentInnen teilnehmen, die zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden. Vor allem zwei Gruppen hat Lore Maria Peschel-Gutzeit im Blick: TäterInnen mit einer Strafe von weniger als sechs Monaten Haft sowie LangstraferInnen während der letzten sechs Monate ihrer Haftzeit.

„Wir haben das Thema sehr lebhaft diskutiert“, berichtete Berlins Justizsenator Erhard Körting (SPD). Am Ende sprachen sich immerhin 15 von 16 Ländern dafür aus, den Modellversuchen zumindest keine Steine in den Weg zu legen. Nur Sachsens Justizminister Steffen Heitmann (CDU) stimmte dagegen. „Es wird kaum jemand verstehen, daß man künftig seine Strafe zu Hause vor dem Fernseher mit einer Büchse Bier in der Hand absitzen kann.“

Dies ging aber selbst Bayerns Justizminister Alfred Sauter (CSU) zu weit. „Bayern wird sich nicht an solchen Modellversuchen beteiligen“, betonte Sauter. Nach seinen Berechnungen ist der Hausarrest mit 150 bis 180 Mark pro Tag noch teurer als ein Hafttag. Dem widersprach Peschel-Gutzeit: „Es macht keinen Sinn, für den Modellversuch einen teuren Rechner zu kaufen, in Hamburg leasen wir ihn.“ Damit sei der Modellversuch dann aber wirklich billiger als Haftvollzug.

Voraussetzung für die Modellversuche ist eine Änderung des Strafvollzugsgesetzes. Nach der gestrigen Tagung ist ihr im Bundesrat eine Mehrheit sicher.

Probleme sind allerdings noch in der rot-grünen Koalition zu erwarten. Am Dienstag abend erklärte Volker Beck, der rechtspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, vor JournalistInnen in Karlsruhe: „Wir lehnen auch Modellversuche mit der elektronischen Fußfessel ab.“ Wenn ein Täter zu Hause „wie ein Tiger im Käfig“ gehalten werde, dann führe das vor allem zu Aggressionen gegenüber Ehefrauen und Kindern.