: In bed with Wirtschaft
■ Bremer Uni vermarktet junge Schlauköpfe, Know How und öffentliche Wirksamkeit und bietet gegen Bares Betrieben eine „Public-Private Partnership“ an
Seit ihrer Gründung schlägt sich die Bremer Uni mit dem Lehm herum, mit dem die Welt nach ihr wirft. Daß diese Universität eine rote, ideologisch vernagelte Brutstätte für Leistungsfeinde ist, erleben zwar Bremer Studenten schon lange nicht mehr, ist aber zuverlässig Ergebnis jedes Hochschul-Vergleichs-Tests. Doch ab sofort wird zurückgeschossen. Eine Marke-tingabteilung wird aufgebaut. Ein Profil wird entwickelt. Schon wird gekräht und mit den Flügeln geschlagen. Und seit gestern müssen bis zu 500 deutsche Wirtschaftsbetriebe mit Post aus Bremen rechnen. Darin bietet ihnen die Bremer Uni eine „PPP“ an, eine Public-Private Partnership. Motto: Wir haben was, was ihr nicht habt. Und das ist käuflich.
Kooperation mit der Wirtschaft ist keine Bremer Erfindung. Mäzene, Spender und Stifter werden überall gemolken, Forschung funktioniert oft nur noch über „Drittmittel“ aus der Wirtschaft, Sponsoren sind manchmal die letzte Rettung unterfinanzierter Studiengänge. Die aus den USA stammende Idee von einer Public-Private Partnership faßt nun alle Vorteile für den Wirtschaftspartner zusammen, legt das Versprechen enormer Werbewirksamkeit obendrauf und verkauft das Bündel. Der Kaufpreis: die Finanzierung eines Projekts.
Zumindest für Bremer Verhältnisse ist neu: Die Uni betrachtet ihre wohlausgebildeten Jungakademiker, ihr Know How, das ihr gewisse Interesse der Öffentlichkeit und sogar ihr Image als zu vermarktendes Kapital. „Wir sind wer und wir haben was zu bieten,“ sagte Rektor Jürgen Timm gestern während einer Pressekonferenz erstaunlich hoffnungsfroh und bestand sogar darauf, daß man sich mit dem Label Uni Bremen „schmücken“ kann. Der Neusprech in Bremen: „Die Universität Bremen ist eine renommierte Einrichtung für Forschung, Aus- und Weiterbildung sowie Consulting.“
So spricht Hans-Peter Pohl von der Hamburger Beratungsfirma ProfilPlus, mit dem die Uni bisher zwei PPP-Projekte vorbereitet hat. Eines heißt „Wissen überwindet Grenzen“ und möchte jungen Ingenieuren und Betriebswirtschaftlern aus Osteuropa anbieten, in Bremen Sprachkurse und Seminare etwa zu Rechts- und Wirtschaftskultur zu belegen. Das Arbeitsgebiet wird zusammen mit den beteiligten Unternehmen festgelegt, die schließlich als Gegenleistung von ihren „Schützlingen“ eine qualifizierte Unternehmensberatung erhalten (z.B. zur Frage der Chancen auf dem russischen Markt etc.). Im Idealfall gewinnt ein am Ostgeschäft interessiertes Unternehmen so Kontaktleute und sog. „Scouts“ im unübersichtlichen „Wilden Osten“.
Das Projekt soll für 30 Studenten und 10 Graduierte aufgelegt werden, über vier Jahre laufen und einen Etat von 3 Millionen Mark pro Jahr haben. Privat müßten 1,5 Millionen p.a. aufgetrieben werden. Ein „Haupt-PPP-Partner“ wäre mit 250.000 Mark dabei – und im Briefkopf des Projekts. Für ein zweites PPP-Projekt werden Partner für den Bau einer Photovoltaikanlage auf dem neuen Mensadach gesucht.
Rektor Timm findet, daß die Autonomie der Hochschule nicht etwa gefährdet, sondern vermehrt würde, wenn sich die Uni in private partnerships begibt. Unwiderlegbar ist allerdings der Verdacht, daß künftig alle projektbezogenen Vorträge, Veröffentlichungen, Symposien und Kongresse zu Werbeveranstaltungen der „Partner“ werden. Soviel „Kommunikationsgegenleistung“ muß wohl sein.
BuS
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