: Olympiastadion: Private Sanierung gescheitert
■ Investorenauswahl geplatzt. Kosten für Land mindestens doppelt so hoch wie erwartet. Bewerbung um Weltmeisterschaft in Gefahr
Die Pläne des Senats, das marode Berliner Olympiastadion von einem privaten Investor sanieren zu lassen, sind gescheitert. Das von den Senatsverwaltungen für Bauen und Sport gemeinsam ausgelobte Investorenauswahlverfahren habe zu keinem Ergebnis geführt, sagte gestern Bausenator Jürgen Klemann (CDU). Offen ist damit auch die Finanzierung der rund 500 Millionen Mark teuren Modernisierung. Unklar bleibt ebenso, ob das Land angesichts des Debakels die Bewerbung für die Fußballweltmeisterschaft 2006 im Sommer zustande bringt.
Nach Ansicht von Klemann habe die Prüfung der zehn eingereichten Investorenkonzepte ergeben, „daß kein Angebot zuschlagsreif ist“. Die Investoren sollten neue Tribünen sowie eine Überdachung einbauen und das Stadion privatwirtschaftlich betreiben. Doch sowohl die finanziellen Vorstellungen der Unternehmen und deren Umgang mit dem Denkmalschutz als auch „Alternativkonzepte“ seien „unbefriedigend“, sagte Klemann. Deshalb sei „das Ausschreibungsverfahren aufgehoben worden“.
Klemann zeigte sich verärgert, daß die Mehrzahl der Investoren – darunter Hochtief oder der französische Konzern GFM – „zum Teil völlig unrealistische Entwürfe“ eingereicht hätten. Statt sich an die Vorgaben des Senats zur Modernisierung nach dem Entwurf der Hamburger Architekten Gerkan, Marg und Partner (gmp) zu halten, seien zum teil völlig „unakzeptable Neubaulösungen“ präsentiert worden. Zudem habe sich gezeigt, daß die Bebauung des Reichssportfeldes mit Gewerbeeinrichtungen nicht ausreiche, um die Sanierung zu finanzieren.
Klemann bekräftigte, daß das Land an der Realisierung des gmp-entwurfs festhalten werde. Das Hamburger Büro erhalte trotz der Investorenschlappe nun „einen Planungsauftrag“, damit Berlin ein WM-taugliches Stadion projektieren könne. Unterstützung erhielt der Bausenator von Sportsenatorin Ingrid Stahmer (SPD), die sich ebenfalls dafür aussprach, an den gmp-Plänen für eine neue Überdachung und zusätzliche Tribünen „keine Abstriche zu machen“. Beide wiesen die Kritik des Landessportbund-Präsidenten Manfred von Richthofen zurück, das Land habe bei dem Verfahren „unentschlossen“ gehandelt und setze die WM 2006 aufs Spiel.
Einen weiteren Versuch zur Sanierung des Olympiastadions hält Klemann dennoch für machbar. Nun solle mit den vier Konsortien WalterBau, Philipp Holzmann, Hochtief und GTM unter Einbeziehung des Vereins Hertha BSC „weiterverhandelt werden“. Offen bleibe aber die Finanzierung, so der Bausenator. Klemann rechnete vor, daß selbst unter Berücksichtigung aller Steuersparmodelle Kosten in Höhe von 500 Millionen Mark entstünden. Davon seien nach Prüfung aller privaten Konzepte höchstens 180 Millionen Mark privat finanzierbar.
Nachdem Bundesinnenminister Otto Schily klargemacht habe, daß der Bund mehr als die angekündigten 100 Millionen Mark nicht beisteuern werde, komme auf das Land also eine Belastung von mindestens 220 Millionen Mark zu, so Klemann. Ursprünglich hatte der Senat gehofft, mit 100 Millionen Mark davonzukommen.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Böger rechnet dagegen mit einer noch höheren Belastung der Landeskasse. Zum Ergebnis des geplatzen Investorenauswahlverfahrens erklärte er gestern: „Für die SPD ist klar, daß die öffentliche Hand einen höheren Beitrag leisten muß. Berlin muß weiteres Engagement beim Olympiastadion zeigen“. Rolf Lautenschläger
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