: Basketball wird akademisch
Meister Alba Berlin gründet mit Unterstützung des Deutschen Basketball-Bundes eine Akademie zur Förderung und allseitigen Ausbildung künftiger Nationalspieler ■ Von Matti Lieske
Berlin (taz) – „Was gut für den Basketball, gut für Berlin, gut für Alba ist, das unterstützen wir“, erklärte Dieter Hauert, Präsident von Alba Berlin, gestern bei der Vorstellung eines neuen, zukunftsweisenden Projekts des deutschen Basketballmeisters. Die seit sieben Jahren bestehende Kooperation mit dem lokalen Zweitligisten TuS Lichterfelde im Bereich der Talentförderung soll durch die Gründung einer „Internationalen Berliner Basketball Akademie“ (IBBA) auf eine neue Stufe gestellt werden. „80 Prozent der Spieler, die jetzt bei der EM in der Nationalmannschaft spielen, sind in Berlin produziert worden“, verweist Alba-Trainer Svetislav Pesic stolz auf die Erfolge der bisherigen Zusammenarbeit, doch Alba will mehr – und der Deutsche Basketball-Bund (DBB) ebenfalls.
„Die Förderungssysteme müssen überprüft werden“, sagte DBB-Vizepräsident Peter Klingbiel. Im Jugendbereich gelinge es immer seltener, sich für eine EM zu qualifizieren, und auch der 12. Platz bei der EM der Frauen sei ein Alarmzeichen. Die Berliner Akademie soll zu einem Modell für die Nachwuchsförderung werden, Klingbiel schweben langfristig vier bis fünf solcher Zentren vor, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen oder im Frankfurter Raum.
Zunächst einmal steht jedoch nur das Konzept in Berlin, das jedoch kein Sportinternat, wie die Einrichtungen in Frankreich oder die Sabonis-Basketballschule in Litauen, vorsieht. Die Spieler, die mit der Akademie einen Ausbildungsvertrag schließen, sollen individuell gefördert werden, normal zur Schule gehen und in ihrem vertrauten Umfeld bleiben. Stammen sie aus Berlin, können sie bei ihren Eltern, in eigenen Wohnungen oder in Spielerwohngemeinschaften leben. Spielen und trainieren sollen sie im Normalfall, da Alba keinen Jugendbereich besitzt, in den verschiedenen Jugendmannschaften von TuS Lichterfelde oder, wenn sie weit genug sind, mit dem Bundesligateam von Alba Berlin.
Der Kernpunkt des Konzepts ist jedoch eine allseitige Betreuung durch die Akademie. Diese arbeitet zunächst mit zwei Schulen zusammen, die Basketball als Schwerpunkt haben, kooperiert mit dem Berliner Olympiastützpunkt in Sachen Trainingssteuerung sowie einer Physiotherapiepraxis und koordiniert die Saisonplanung der etwa zehn bis zwanzig Spieler, die ab Herbst das Projekt starten. Sie bringt Schule, Training, Lehrgänge, Turniere in Einklang, kümmert sich um Dinge wie Zivildienst oder Bundeswehr und steht in ständiger Verbindung mit den Bundestrainern. „Bei dem hiesigen Schulsystem gibt es kein anderes Konzept zur Ausbildung von Spitzensportlern“, meint Svetislav Pesic, der als Sportlicher Leiter der Akademie fungiert und Talente aus ganz Europa auswählt, die ungefähr vom 15. Lebensjahr ab in der Akademie an ihrer Karriere als künftige Weltklassespieler arbeiten sollen. „Wir sind nicht interessiert an jungen Leuten, die Basketball spielen wollen“, stellt Pesic klar, „wir sind interessiert an Spitzentalenten, die Basketball spielen können.“
Dabei hofft der Coach natürlich, daß die Spieler sich die gern von ihm zitierte „Alba-Philosophie“ zu eigen machen und dann auch eine Weile für sein Team antreten. Für die Berliner ist eine funktionierende Jugendarbeit die einzige Möglichkeit, mit den großen Teams aus Südeuropa mitzuhalten, die sich für viele Millionen fertige Mannschaften zusammenkaufen. „Die Vereine investieren noch weniger in die Jugendarbeit“, meint Pesic, die „Produktion“ von Spielern müßten also die Verbände übernehmen. „Mit unserem Konzept sind wir, wie immer in letzter Zeit, vorn.“
Fraglich ist, ob die anderen Bundesligisten genauso begeistert von der Kooperation DBB-Alba sind. Was gut für Berlin und gut für Alba ist, findet traditionell nicht unbedingt den Beifall der nationalen Konkurrenz der ohnehin übermächtigen Berliner. Peter Klingbiel hofft darauf, daß die anderen Vereine erkennen, wie wertvoll eine solche Akademie, die auch Trainer- und Schiedsrichterausbildung sowie Seminare durchführen will, für den hiesigen Basketball sein kann. Die ersten Signale seien ermutigend: „Sie sind neugierig.“
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