Kein Fleisch essen?

■ Nach Dioxin-Skandal geben Bremens Lebensmittel-Überwacher vorerst Entwarnung

„Was kann ich eigentlich noch essen?“. Seit zwei Wochen immer wieder dieselbe Frage. In Zeiten von Dioxin- und Coca-Cola-Skandalen ist die Ernährungsberaterin Gertraud Huisinga stark beansprucht. Das Telefon bei ihr in der Verbraucher-Zentrale steht kaum noch still. Verschreckten Verbrauchern erklärt sie dann, ob man Frosta-Geflügel noch essen darf.

Dabei haben Bremens Lebensmittel-Überwacher erstmal Entwarnung gegeben: Peter Drewes, stellvertretender Geschäftsleiter des Lebensmittelüberwachungs-Amts, hat mit neun Lebensmittelkontrolleuren schon vor zwei Wochen in Bremens Supermärkten aufgeräumt: Pasteten, Eierravioli und Kekse mit Vollei verschwanden aus den Regalen, wenn man genauere Herstellerinformationen hatte.

Außerdem untersuchte das Amt 25 fleischverarbeitende Betriebe, einen Eierprodukte-Verarbeiter und insgesamt 1400 Einzelgeschäfte. Nachdem beim Großverwurster Karl Könecke in Sebaldsbrück belgisches Schweine- und Rindfleisch sichergestellt wurden, konnte die Produktion wieder anlaufen. „Die Zusammenarbeit mit den Firmen war sehr gut“, sagt Drewes. Es habe ein großes Interesse gegeben, dioxin-freie Produkte zu haben.

Sichergestellt wurden insgesamt über 100 Tonnen Lebensmittel. Bei einem Großverteiler wurden allein 60 Tonnen zurückgestellt. Die Untersuchungen ergaben in diesem Fall: keine Beanstandungen – die Lebensmittel wurden wieder frei gegeben. Für den Rest geht es jetzt um die Entsorgungsfrage. Den „Sondermüll“ vor Ort zu vernichten, kann ziemlich teuer werden, erklärt Drewes.

Neben den Untersuchungen der Firmen wurden 16 Proben in Labore nach Berlin und Hamburg geschickt. Auch hier gab es Entwarnung: Es wurden keine erhöhten Dioxinwerte gefunden.

Minimengen an Dioxin, das Tumore auslösen kann, allerdings gebe es in fast allen Lebensmitteln, weiß Gertraud Huisinga. Pro Tag nimmt man in Deutschland durchschnittlich eins bis vier Pikogramm pro Kilogramm Körpergewicht auf. Die belgischen Werte dagegen lagen um das 300 bis 500-fache darüber.

Huisinga geht es jetzt vor allem um Verbraucher-Aufklärung beim Einkauf: Die Länderkennung der EAN-Codes (4 für Deutschland, 54 für Belgien) gebe keine „Aufklärung darüber, wo das Produkt hergestellt wurde. Das ist eine rein logistische Geschichte“, erklärt Huisinga. Große Firmen hätten Basisnummern, die für mehrere Länder gleich sind. Klar wurde ihr jetzt noch einmal, „welchen hohen Stellenwert der Genuß von Fleisch noch hat“. Nach Schweinepest und BSE seien viele Verbraucher umgeschwenkt auf Huhn und Pute, und stellten jetzt fest: „Nun kann ich ja gar kein Fleisch mehr essen“. pipe