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Zweite Abschiebung

■ Romafrau droht erneute Ausweisung

Die 52jährige Romafrau Munevera Redzic soll nach einem Beschluß des Berliner Verwaltungsgerichtes abgeschoben werden. Für die Frau, die an psychosomatischen Atembeschwerden leidet, ist dies bereits die zweite Abschiebung. Sie gehörte bereits im vergangenen Sommer zu jenen 74 BosnierInnen, die in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Sarajevo verfrachtet wurden.

Die Abschiebung von ihr und ihrem 54jährigen Mann war zwar vom Verwaltungsgericht für rechtswidrig erklärt worden, doch der Beschluß kam zu spät: Das Flugzeug war bereits auf dem Rollfeld. Im Mai hatte sich die schwerkranke Frau, die in Bosnien weder Arbeit, Wohnung, Sozialhilfe noch medizinische Versorgung erhielt, auf eigene Faust wieder nach Berlin durchgeschlagen, wo noch ihr Sohn lebt.

Seit dem Krieg 1992/93 inBosnien-Herzegowina waren Abschiebungen dorthin ausgesetzt worden. Seit Mai wird aus Berlin wie auch aus Bayern wieder nach Bosnien abgeschoben. Innensenatssprecherin Isabelle Kalbitzer spricht von „mehr als einzelnen Fällen“. Die Regierung in Sarajevo hatte im April an die EU-Staaten appelliert, derzeit niemanden zurückzuschicken, weil Bosnien-Herzegowina als Nachbarstaat von Jugoslawien derzeit selbst Zielland von Flüchtlingen sei, so daß alle Aufnahmeeinrichtungen hoffnungslos überfüllt seien. Und auch nach Albanien und Makedonien, die wegen überfüllter Flüchtlingslager um internationale Hilfe ersuchen, werde Kalbitzer zufolge seit Mai abgeschoben.

Die PDS-Abgeordnete Karin Hopfmann, die sich um die Belange der Romafrau gekümmert hatte, bezeichnet ihren seelischen Zustand als verzweifelt angesichts ihrer Perspektivlosigkeit: „Die Innenverwaltung soll endlich einsehen, daß ein Teil der Bosnien-Flüchtlinge nicht zurückkehren könne und ein Bleiberecht bekommen müsse.“ Der Bosnien-Beauftragte der Bundesregierung, Hans Koschnick (SPD), hatte im Februar die Rückkehr einiger Bosnien-Flüchtlinge, darunter auch von Roma aus Srpska, für unmöglich erklärt. Marina Mai

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