Bundeswehr zeigt Flagge in Prizren

■  Die Kämpfer der albanischen Untergrundarmee UÇK dürfen nicht mehr bewaffnet in der Stadt auftauchen. Sie müssen alle Kontrollpunkte räumen. Die Serben fliehen dennoch

Das Bundeswehrkontingent in der Kosovo-Friedenstruppe KFOR hat gestern mit der Kosovo- Untergrundarmee UÇK in Prizren eine Vereinbarung geschlossen, die das Auftreten der UÇK-Angehörigen in der Stadt regelt. Danach dürfen sie ab Mitternacht in Prizren keine Waffen mehr offen tragen, teilte Obert Rolf Bescht in der unter deutscher Kontrolle stehenden zweitgrößten Stadt des Kosovo mit. Zudem dürften die KLA-Mitglieder vom späten Sonntag an nicht mehr in Uniform auftreten. Die Vereinbarung sei mit dem UÇK-Kommandeur Ekrem Rexha getroffen worden und sehe auch die Räumung der UÇK-Kontrollpunkte in der Stadt vor.

Die Bevölkerung der Stadt wurde am Nachmittag mit Lautsprecherdurchsagen auf die neue Regelung hingewiesen. Darin hieß es, wer Waffen besitze, dürfe diese nicht mehr tragen. In den vergangenen Tagen habe es zu viele Schüsse in der Stadt gegeben. Die KFOR wollte zudem demonstrieren, daß sie alleinige Ordnungsmacht ist. „Wir werden heute die beiden Polizeistationen in der Stadt übernehmen“, sagte ein deutscher KFOR-Offizier.

UÇK-Mitglieder, die gegen das Abkommen verstießen, würden entwaffnet, sagte Bescht, der stellvertretender Kommandeur der KFOR-Bundeswehreinheiten im südwestlichen Kosovo ist.

Kurz nach Bekanntgabe des Abkommens entwaffneten deutsche Soldaten direkt vor dem UÇK-Hauptquartier in der Stadt einen Kämpfer. Bescht warnte davor, daß es auch weniger kooperative Fraktionen innerhalb der UÇK gebe.

Der Exilministerpräsident der Kosovo-Albaner, Bujar Bukoshi, hat der konkurrierenden Regierung des UÇK-Führers Hashim Thaqi eine „Partisanenlogik“ vorgeworfen. Bukoshi bezeichnete die Ernennung eines Bürgermeisters für die Stadt Prizren als voreilig. Er sagte in einem Telefoninterview: „Das wird nicht erlaubt. Es gibt legale Strukturen im Kosovo, die auf eine demokratische Weise bestimmt sind.“ Eine Monopolisierung der Macht durch die Regierung Thaqis könne nicht zugelassen werden.

Die Exilregierung der UÇK hatte im Alleingang einen Bürgermeister für die Kosovo-Stadt Prizren benannt. Ein Sprecher der Vereinten Nationen hat dieses Vorgehen als illegal bezeichnet. Der Aufbau einer Nachkriegsverwaltung im Kosovo ist mit Abstimmung der OSZE und der UN geplant.

Der Kommandeur der Bundeswehreinheiten im Raum Prizren, Brigadegeneral Fritz von Korff, versuchte in der Ortschaft Orahovac 3.000 Serben von einer Flucht aus dem Kosovo abzubringen. Ursprünglich hatten die serbischen Bewohner des Ortes ihren Verbleib in der Heimat zugesagt. Ein Besuch des stellvertretenden jugoslawischen Innenministers General Obrad Stevanovic am Donnerstag aber, bei dem die Serben zum Bleiben ermutigt werden sollten, führte nach Angaben von Bescht dazu, daß sie das Kosovo doch verlassen wollten.

Bislang kehrten bereits mehr als 30.000 Vertriebene wieder ins Kosovo zurück. Zugleich flohen seit Beginn der KFOR-Stationierung vor einer Woche nach Angaben des Roten Kreuzes rund 40.000 serbische Bewohner der Provinz in andere Teile Jugoslawiens. KFOR-Kommandeur Michael Jackson, das US-Außenministerium und der UN-Sonderbeauftragte Sergio Vieira de Mello riefen die serbischen Bewohner des Kosovo auf, in ihren Wohnorten zu bleiben. Um mögliche weitere Racheakte der UÇK zu verhindern, blokkierten KFOR-Truppen die Zufahrt zum serbisch-orthodoxen Kloster Decane mit Panzern. Im Kloster Devic hatten vermutlich UÇK-Kämpfer Mönche und Nonnen überfallen und mißhandelt.

Der Staatssekretär im britischen Außenministerium, Geoff Hoon, schätzte die Zahl der von Serben in den vergangenen Wochen getöteten Menschen im Kosovo auf 10.000. Aus britischen Militärkreisen verlautete, britische Truppen hätten eine zweite Folterkammer der Serben entdeckt. In dem mit Blutspritzern übersäten Raum seien Listen mit albanischen Namen gefunden worden. Der britische Außenminister Cook erklärte, Serbien müsse den angeklagten Staatspräsidenten Miloevic ausliefern, wenn das Land wieder Mitglied der internationalen Gemeinschaft werden wolle. Reuters, AP, dpa

Rund 40.000 serbische Einwohner sind laut Rotem Kreuz trotz Aufrufen und Zusagen aus dem Kosovo geflohen