: Letzte Ehre für Dutschke
■ Kulturausschuß will ein Ehrengrab für den Studentenführer. Nur CDU dagegen. Abgeordnetenhaus muß noch zustimmen
Der Kulturausschuß im Abgeordnetenhaus hat sich am Montag abend mehrheitlich für ein Ehrengrab für den Studentenführer Rudi Dutschke entschieden. Der Antrag, der nun dem Abgeordnetenhaus zugeleitet wird, war von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingebracht worden. Eine offizielle Ehrung zum 20. Todestag Dutschkes am 24. Dezember 1999 hätte auch eine Wiedergutmachungs- und Versöhnungsfunktion, heißt es in dem Antrag.
Der 1968 bei einem Attentat auf dem Kurfürstendamm schwer verletzte und am Heiligabend 1979 an den Spätfolgen der Schüsse gestorbene Dutschke ist auf dem kleinen St.-Annen-Friedhof unweit der Freien Universität beigesetzt worden. Nach Ablauf der allgemein für Gräber geltenden 20jährigen Ruhefrist droht die Einebnung der Grabstätte, falls sie nicht von privater Seite verlängert wird oder offiziell vom Senat zum Ehrengrab erklärt wird. Bei über 700 Ehrengräbern hat der Senat bereits die Pflege für einen Zeitraum von 20 Jahren übernommen. Dazu gehören unter anderem die Ruhestätten von Marlene Dietrich, Bertolt Brecht, Peter Lorenz und Heiner Müller. Auch die bereits zu Lebzeiten ernannten Ehrenbürger der Stadt haben Anrecht auf ein Ehrengrab.
Die Grünen hatten bereits Anfang März eine solche Ehrung auch für Dutschke beantragt und waren damit auf heftigte Ablehnung der CDU gestoßen. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen soll die Idee zunächst für einen Scherz gehalten haben. Und der kulturpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Uwe Lehmann-Brauns, betonte, Dutschke habe die parlamentarische Demokratie mit Gewalt stürzen wollen. Nach seiner Losung „Amis raus aus West-Berlin“ wäre Berlin schon 1969 wiedervereinigt und alle Ostberliner geworden. Streit um die Erinnerung an den prominenten 68er gab es auch an anderen Stellen der Stadt.
Bemühung aus den Reihen der Freien Universität, an der Dutschke studiert hatte, eine Straße in ihrer Umgebung nach dem Studentenführer zu benennen, scheiterten am Widerstand des CDU-dominierten Bezirks Zehlendorf. Im April wurde dann immerhin ein bis dahin namenloser Fußweg auf dem FU-Gelände in „Rudi-Dutschke-Weg“ umbenannt.
Und an dem Platz am oberen Kurfürstendamm, auf dem Dutschke am 11. April 1968 niedergeschossen wurde, erinnert eine Gedenktafel an ihn. Auch die Polizei ist hier zur Zeit massiv präsent, denn an dem früheren Standort des Hauptquartiers des Sozialistischen Deutschen Studenten-bundes (SDS) befindet sich heute das Türkische Generalkonsulat. dpa/taz
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