Noch Jahre Minengefahr

■  Zwei britische KFOR-Soldaten und zwei UÇK-Leute starben beim Versuch, Nato-Splitterbomben bei einer Schule zu entschärfen

Pritina (dpa/rtr) – Zwei britische Soldaten der internationalen Kosovo-Schutztruppe KFOR sowie zwei UÇK-Mitglieder sind bei dem Versuch, nicht explodierte Streubomben der Nato zu entschärfen, ums Leben gekommen. Dies bestätigte ein britischer Militärsprecher am Dienstag in Pritina. Die beiden britischen Soldaten gehörten dem Regiment der aus Nepal stammenden Gurkhas an, einer Elitetruppe, die mit den ersten KFOR-Einheiten in das Kosovo einmarschierten. Sie sollten am Montag Munition und Minen in einer Schule in dem Dorf Negrovce räumen, das etwa 30 Kilometer südwestlich von Pritina liegt.

UÇK-Kommandant Fadil Gashi sagte der Nachrichtenagentur Reuters, seine Leute und Dorfbewohner hätten in den vergangenen Tagen mehr als 100 gelbe Splitterbomben in der Umgebung zusammengetragen. Weil sie aber nicht gewußt hätten, wie die Sprengsätze sicher zu vernichten seien, hätten sie die britische Armee zur Hilfe gerufen. Die Soldaten und UÇK-Kämpfer seien gerade dabeigewesen, zwei Bombenstapel zu versetzen, als die Sprengsätze wegen eines Mißgeschicks explodiert seien. Ein weiterer UÇK-Kämpfer sei verletzt worden.

Nach Einschätzung des Minenbeauftragten der US-Regierung, Donald Steinberg, wird es drei bis fünf Jahre dauern, bis sich die Menschen im Kosovo wieder ohne Angst vor Landminen und nicht explodierter Munition bewegen können. „Besonders viele Anti- Personen-Minen liegen in der Umgebung von Pritina und entlang der Grenzen im Südwesten des Kosovo“, sagte er am Montag in Genf, wo er Vertreter des Roten Kreuzes und der UN-Hilfsorganisationen traf. „Wo wir nicht explodierte Nato-Bomben suchen müssen, wissen wir recht genau, aber ich bin sehr unzufrieden darüber, daß wir von den serbischen Truppen nur so dürftige Informationen über die von ihnen verminten Gebiete erhalten haben“, sagte Steinberg. Er betonte, die KFOR sei für die komplette Räumung aller Anti-Personen-Minen im Kosovo nicht zuständig und könne dies auch nicht leisten. Sie werde lediglich die für ihr Mandat notwendigen Gebiete und Zufahrtswege räumen.

Der Nato-Oberbefehlshaber in Europa, General Wesley Clark, hat am Dienstag auf eine beschleunigte Stationierung der KFOR-Truppen im Kosovo gedrängt. Clark sagte gegenüber Reuters, die KFOR könne mehr Soldaten gebrauchen als ursprünglich geplant. Bislang sind erst 17.000 der vorgesehenen 55.000 Soldaten ins Kosovo verlegt worden. Clark begründete dies damit, daß die termingerechte Lieferung von Hilfsmitteln in die Provinz vordringlich sei. Natürlich sei es für die Nato besser, wenn alle KFOR-Einheiten zeitgleich zum Einmarsch in das Kosovo bereit gewesen wären. Man hätte aber alle Händevoll damit zu tun gehabt, den Abzug der jugoslawischen Streitkräfte zu gewährleisten und die Situation in den Griff zu bekommen.

In zahlreichen abgelegenen Orten in Zentral- und West-Kosovo haben die Bewohner noch keine Nato-Einheiten zu Gesicht bekommen. Ihnen droht Gefahr durch bewaffnete Zivilisten sowie durch nicht geräumte Minen, nicht explodierte Nato-Bomben und Sprengfallen.