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■ Haushalt, Rente, Familienentlastung, Ökosteuer, Unternehmensteuer, Gesundheitsreform – das rot-grüne Zukunftsprogramm 2000

Haushalt 2000:

Der Bundeshaushalt für das Jahr 2000 steht an erster Stelle des Zukunftsprogramms. Die Ausgaben des Bundes sinken dabei nicht nur gegenüber dem Vorjahr von 485 Milliarden auf 478 Milliarden Mark; die Ausgaben nehmen erstmals seit der Gründung der Bundesrepublik auch deutlich ab. Gelungen ist diese Absenkung nur durch ein gigantisches Sparpogramm. Finanzminister Hans Eichel (SPD) kürzte die Einzelhaushalte um insgesamt 30 Milliarden Mark – am stärksten die Ressorts Arbeit (12,5 Milliarden) sowie Verkehr und Verteidigung (je 3,5 Milliarden). Ziel dieser Aktion war ein verfassungskonformer Haushalt, das heißt, die Aufnahme neuer Schulden (49,5 Milliarden Mark) liegt im Jahr 2000 deutlich unter den Investitionen des Bundes (57,6 Milliarden Mark). Wesentlicher Faktor des neuen Budgets ist, daß die Bundesschuld erstmals sinkt.

Rentenreform:

Die Rentner müssen sich in den kommenden zwei Jahren mit geringen Steigerungen zufriedengeben. Die Renten sollen nur in Höhe der Inflationsrate steigen, das heißt im Jahre 2000 um 0,7 Prozent und im Jahre 2001 um 1,6 Prozent. Walter Riester schlägt zudem vor, Beiträge für eine freiwillige private Altersvorsorge steuerlich zu begünstigen. Eine Pflichtabgabe für private Vorsorge wird es nicht geben. Zu den Reformplänen gehört auch eine bedarfsabhängige Grundsicherung. Danach sollen ärmere Rentner, die einen Sozialhilfeanspruch haben, dieses Geld künftig automatisch ausgezahlt bekommen. Ihre Kinder sollen nicht mehr zum Unterhalt herangezogen werden. Nach den Plänen von Riester sollen Frauen eine eigenständige Alterssicherung bekommen. Eine zustimmungsreife Vorlage zu einer Rentenreform will der Arbeitsminister aber erst Ende des Jahres vorlegen.

Ökosteuer:

Sie soll beim jetzt vollzogenen zweiten Schritt nur halb so stark erhöht werden, wie von SPD und Grünen noch im Frühjahr beim ersten Schritt vereinbart. Die kommenden vier Jahre soll die Steuer auf Benzin um sechs Pfennig pro Liter angehoben werden und auf Strom um einen halben Pfennig pro Kilowattstunde. Gas und Heizöl sollen nicht mehr teurer werden. Auf diese Weise kämen pro Jahr etwa 5,4 Milliarden Mark zusammen –weniger als halb soviel wie im ersten Schritt: Zum 1. April war Benzin um sechs Pfennig, Strom um zwei Pfennig teurer geworden – außerdem kostet seitdem Heizöl vier Pfennig pro Liter mehr und Gas 0,32 Pfennig pro Kilowattstunde mehr. Mit dem jetzt halbierten Aufkommen wird die versprochene Senkung der Lohnnebenkosten um 2,4 Prozentpunkte nicht mehr in dieser Legislaturperiode erreicht werden können – sondern erst 2003.

Familienentlastung:

Im rot-grünen Zukunftsprogramm 2000 ist ein Bonbon für Familien und Kinder enthalten. Die Bundesregierung wird eine deutliche Familienentlastung durchführen. 20 Mark mehr Kindergeld wird es ab 1. Januar 2000 geben; es liegt dann bei jeweils 270 Mark für das erste und zweite Kind. Zu dem bisherigen Kinderfreibetrag von 7.000 Mark wird ein Kinderbetreuungsfreibetrag in Höhe von 3.024 Mark addiert.

Den Fiskus sollen die Erleichterungen für Familien laut Finanzministerium 3,8 Milliarden Mark (im Jahr 2000) und 5,3 Milliarden Mark (2001) kosten. Zu verdanken ist die Familienfreundlichkeit der Bundesregierung dem Bundesverfassungsgericht. Es hatte im November 1998 in mehreren Beschlüssen vom Gesetzgeber ultimativ gefordert, Familien steuerlich zu entlasten. Im Jahr 2002 will die Regierung eine zweite Familienentlastung in Kraft setzen.

Unternehmensteuer: Die Reform der Unternehmensteuer soll zum 1. Januar 2001 in Kraft treten und die Unternehmen netto um 8 Milliarden Mark entlasten. Hauptsächlich profitieren werden kleine und mittlere Unternehmen. Konkret ist geplant, die Körperschaftsteuer für einbehaltene und ausgeschüttete Gewinne von Kapitalgesellschaften von derzeit 40 bzw. 30 Prozent auf einheitliche 25 Prozent zu senken. Der gleiche Tarif soll auch für Personengesellschaften gelten, die betriebliche Einkommensteuer zahlen. Mit der von den Kommunen heftig verteidigten Gewerbesteuer dürfte sich die Belastung auf durchschnittlich 37 bis 38 Prozent einpendeln – im Koalitionsvertrag war eine Obergrenze von 35 Prozent angepeilt. Von den etwa 30 Milliarden Mark, die der Staat so weniger einnimmt, sollen 22 Milliarden durch Einschränkungen bei Steuervergünstigungen gegenfinanziert werden.

Gesundheitsreform:

Ziel ist es, eine Explosion der Kosten zu vermeiden und die Beiträge zur Krankenkasse stabil zu halten. Dies soll durch ein Globalbudget erreicht werden, das sich jährlich in dem Maße erhöht, in dem die Löhne der Kassenmitglieder steigen. Weiterer Kernpunkt ist die Krankenhausfinanzierung. Bislang bezahlten die Länder Neu- und Umbauten der Kliniken; die Kassen trugen die laufenden Kosten. Die Finanzierung soll ganz auf die Kliniken übergehen. Die Länder sind damit nicht einverstanden. Sie verlangen zudem eine Garantie, daß keine Arbeitsplätze in Krankenhäusern verlorengehen. Sonst wollen sie der Reform im Bundesrat nicht zustimmen. Die Reform sieht außerdem eine stärkere Rolle der Hausärzte sowie eine engere Verzahnung von ambulanter und stationärer Behandlung vor. Auf einer Positivliste stehen alle Arzneien, die von den Kassen bezahlt werden.

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