Kommentar: Verkehrssenator von der Rolle
■ Klemann mag die Skater nicht
Verkehrssenator Klemann zeigt wieder einmal, daß sein Herz in erster Linie für Autofahrer schlägt. Nur weil die einmal in der Woche für eine Dreiviertelstunde stillehalten müssen, sah er sich genötigt, prüfen zu lassen, ob es sich bei der Demo wirklich um eine Demo handelt und nicht vielleicht um eine Veranstaltung, die man dann kurzerhand verbieten könnte.
Daß Politiker nicht so schnell denken wie Inline-Skater flitzen, ist schon lange bekannt. Doch besonders langsam zeigt sich die CDU mit ihrem Verkehrssenator. Als das Abgeordnetenhaus vor drei Jahren im Sommer tagte und das Thema Inline-Skates für mehr Gesprächsstoff als das Mißtrauensvotum gegen den damaligen Wirtschaftsenator Pieroth sorgte, fand es die CDU „völlig abwegig“, über dieses Thema auch nur zu reden. Einzelne CDUler verkündeten stolz, ihren Kindern deren sehnlichsten Wunsch nicht zu erfüllen. An dieser Haltung scheint sich nichts geändert zu haben.
Bemerkenswerterweise hat die SPD einen rasanten Wechsel vollzogen. Während die damalige Verkehrsexpertin Käthe Zillbach noch von „gemeingefährlichen Dingern“ sprach, schnallt sich der jetzige SPD-Verkehrsexperte zumindest im übertragenen Sinne die Blades an die Füße und nennt die ablehnende Reaktion von Klemann „völlig überzogen“.
Dabei hätte Klemann beste Voraussetzungen, direkt vor Ort – also im Büro – zu lernen, daß es sich bei den Inline-Skates längst um ein Massenfortbewegungsmittel handelt. Seine Sprecherin Petra Reetz ist leidenschaftliche Skaterin: „Ich habe die Dinger immer im Auto.“ Warum Klemann dann immer noch nicht versteht, daß Handlungsbedarf besteht, bleibt ein Rätsel oder legt die Vermutung nahe, daß seine Sprecherin die Dinger als Aschenbecher benutzt und gar nicht aus dem Wagen holt.
Während in Berlin pünktlich zum Anfang des Sommerlochs eine Provinzposse ihren Anfang nimmt, zeichnet sich am Horizont des Bundestages ein Hoffnungsschimmer ab. Dort wird derzeit auf Initiative von Bündnis 90/Die Grünen geprüft, ob und unter welchen Voraussetzungen Inline-Skatern die Nutzung von Straßen beziehungsweise Radwegen erlaubt werden kann. B. Bollwahn de Paez Casanova
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