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Einigung im Streit um Stasi-Akten

■  Nach jahrelangem Streit sind die USA nun doch zur Herausgabe der Stasi-Akten bereit. Aber natürlich nur der sogenannten sicherheitsrelevanten. Gauck wird sein Amt aufgeben

Bonn/Hamburg/Berlin (dpa/AFP) – Die USA wollen nach jahrelangem Widerstand die in der Wendezeit aus Moskau erhaltenen Stasi-Akten an Deutschland übergeben – zumindest die, die für die Sicherheitslage der Bundesrepublik von Interesse sind. Ein Bonner Regierungssprecher bestätigte am Wochenende, es gebe eine „annehmbare Einigung über den Zugang zu den Akten und die Bereitstellung von Kopien“. Einzelheiten nannte er nicht.

Süddeutsche Zeitung und Focus hatten zuvor berichtet, US-Präsident Clinton habe die Transaktion bei einem Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder am Rande des G-8-Gipfels in Köln zugesagt. Auf Fachebene hatten sich Bonn und Washington bereits im März auf die Rückgabe geeinigt. Im Gegenzug sollen die Amerikaner Einblick in die Unterlagen der Berliner Gauck-Behörde erhalten.

Die Akten, die amerikanische Spione unter ungeklärten Umständen in der „Operation Rosewood“ an sich gebracht hatten, enthalten die Klar- und Decknamen von DDR-Agenten sowie geheime Berichte der Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Nach Einschätzung von Experten ist aufgrund der neuen Erkenntnisse aus den Akten jedoch weder eine grundsätzliche Neubewertung der Rolle der Stasi noch eine Welle von Prozessen gegen frühere Mitarbeiter zu erwarten, da deren mögliche Vergehen inzwischen verjährt seien.

Die frühere DDR-Bürerrechtlerin Angelika Barbe begrüßte die Entscheidung der USA. Allerdings stimme es sie „sehr skeptisch“, daß die Akten wie angekündigt nur den deutschen Geheimdiensten zur Verfügung gestellt werden sollen. „Sie gehören in die Öffentlichkeit, das heißt in die Gauck-Behörde, wo alle Stasi-Akten liegen“, sagte Barbe gestern in Berlin.

Der Sprecher der Gauck-Behörde, Johann Legner, sagte, sollten die Informationen über das Einlenken der Amerikaner stimmen, dann könne er nur alte Anmerkungen der Behörde in dieser Sache wiederholen: „Wir brauchen Möglichkeiten der Verifikation dieser Akten.“ Insbesondere bei der sogenannten Rosenholz-Datei, sei der Zweifel bereits im Stasi-Unterlagengesetz festgeschrieben. Das bedeute auch, daß wirklich nur die Gauck-Behörde diese Stasi-Unterlagen verwenden dürfe.

Am Wochenende wurde bestätigt, daß der Beauftragte für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, im nächsten Jahr aus seinem Amt ausscheiden will. Als Nachfolgerin des 59jährigen evangelische Pfarrers wird die Bündnisgrüne Marianne Birthler genannt.

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