„Über Zunkunftsfragen streiten“

■ Der Bundestagsabgeordnete Matthias Berninger, Jahrgang 1971, unterstützt das Papier der „Zweiten Generation“ der Grünen

taz: Herr Berninger, Sie tragen gerne Jackett, Christian Simmert auch. Sie sind beide jung, grün und MdBs – was trennt Sie eigentlich?

Matthias Berninger: Ich glaube, es gibt keine Mischung zwischen Regierung und Opposition. Wenn man in der Regierung ist, muß man alles tun, ihr zum Erfolg zu verhelfen.

Im Papier der jungen Grünen fordern Sie eine „teilweise Auswechslung der Mitgliedschaft“. In Demokratien gehören Parteisäuberungen nicht gerade zum guten Ton.

Darum geht es überhaupt nicht. Aber ich möchte nicht in einer Partei sein, in der Teile der Mitgliedschaft dazu aufrufen, die Partei nicht zu wählen, wie das wegen des Kosovo-Krieges bei der Europawahl geschehen ist. Man muß die Debatte um ein neues Grundsatzprogramm für eine Modernisierungsdebatte nutzen – das ist mit Auswechseln gemeint.

Ist es denn nicht gerade eine Chance, als streitbare Partei zu zeigen, daß Regieren auch anders geht als im System Kohl?

Natürlich müssen wir eine streitbare Partei sein. Ich möchte eine Partei, die sich über Zukunftsfragen streitet. Statt dessen schlagen wir die Schlachten der Vergangenheit und die Modernisierungsdiskussionen werden zunehmend in anderen Parteien geführt.

Sie fordern, die Grünen sollen eine Partei werden wie andere auch ...

... als politisches Dienstleistungsunternehmen. Die Grünen sind nicht mehr die Avantgarde, die sie in Ihrer Gründungsphase waren, zumindest ist das die Meinung der Wählerinnen und Wähler. Vor dem Hintergrund ist es absolut nötig, daß wir die Aufgabe, Dienstleistungspartei zu sein, ernst nehmen.

Das könnte Guido Westerwelle so gesagt haben.

Das könnte Guido Westerwelle so gesagt haben, wie er vieles so gesagt haben könnte. Der wesentliche Unterschied ist, daß er sich Meinungsumfragen anguckt und dann sagt, wo die Reise seiner FDP hingehen soll. Die 40 jungen Grünen, die dieses Papier unterschrieben haben, sind dagegen tief besorgt, daß sie in ihrer Altersgruppe nur noch mit Bedauern betrachtet werden, wenn sie sagen, sie sind bekennende Grüne.

Mehr Verantwortung, Loyalität und Sekundärtugenden – Sie wünschen sich offenbar eine Partei mit Helmut-Schmidt-Tugenden. Warum sollte das junge Leute interessieren?

Es geht nicht um Helmut-Schmidt-Attribute, sondern darum, daß die Vielsprachigkeit unserer Partei aufhört. Sonst kann man die Partei nur verstehen, wenn man eine Bedienungsanleitung für grüne Flügel und Befindlichkeiten hat. Interview: Patrik Schwarz