: Serbiens Intellektuelle fordern den Rücktritt von Milosevic
■ Orthodoxe Kirche wiederholt ihre Forderung nach Machtaufgabe. Opposition will heute demonstrieren
Gracanica/Belgrad (AP/dpa/taz) – Die Luft für den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Miloševic wird dünner: Anläßlich der Gedenkfeier für die symbolträchtige Schlacht auf dem Amselfeld im 14. Jahrhundert hat sich die serbisch-orthodoxe Kirche gestern erneut mit scharfen Worten von der Regierung Miloševic distanziert. Patriarch Pavle, der im Kloster Gracanica eine Messe las, erklärte, der 610. Jahrestag der Schlacht um das Kosovo „unterscheidet sich von früheren: Es wird keine Heuchelei geben, die gottlosen Führer unseres Volkes werden bei den Feiern keine Rolle spielen.“ Die Schande für alles, was im Kosovo passiert sei, liege in der Verantwortung des Präsidenten. Zuvor hatte auch ein anderer hoher Geistlicher, Vater Sava, den Präsidenten Jugoslawiens scharf kritisiert: „Er hat das serbische Volk in den Ruin getrieben.“
Unterdessen forderte eine große Gruppe angesehener serbischer Intellektueller Miloševic zum Rücktritt auf. „Wenn Sie das serbische Volk lieben, wie Sie es behaupten, dann müssen Sie zurücktreten und Ihr Amt einer Regierung der nationalen Rettung überlassen“, heißt es in dem gestern in Belgrad veröffentlichten Aufruf der sogenannten Gruppe Appell 50. Für heute hat die Opposition Proteste in der zentralserbischen Stadt Cacak mit bis zu 25.000 Teilnehmern angekündigt. Auch der Bürgermeister von Cacak, Velimir Ilic, will daran teilnehmen. Gegen ihn läuft ein Verfahren, weil er schon während des Kosovo-Krieges Protestveranstaltungen organisiert hatte.
Tagesthema Seiten 2 und 3
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen