: Wenn das unsouveräne Teil-Volk begehrt
Bezirks- und Landes-Grüne streiten um Holzhafen-Verfahren ■ Von Gernot Knödler
Einig gegen die da oben: In Altona streiten GAL und ihr Ableger Regenbogen Seit' an Seit' gegen Rot-Grün im Hamburger Rathaus. Die Kernfragen, die sich beim Holzhafenprojekt stellen, lauten: Darf eine lokale Initiative Bauvorhaben blockieren, die den Umfang eines Carports überschreiten? Und dürfen grüne Landespolitiker, die jahrelang für Bürgerbegehren stritten, ein solches mit dem Verweis auf gesamtstädtische Belange aushebeln?
Die Firma Büll & Liedtke erhielt das Holzhafen-Gelände als Ausgleich für ihr Entgegenkommen beim Bau des Mercado am Alto-naer Bahnhof, wo ein jüdischer Friedhof entdeckt worden war. Die Pläne Büll & Liedtkes für den Holzhafen wurden nach Protesten mehrfach überarbeitet. Dennoch setzte die Initiative „Rettet das Elbufer“ ein Bürgerbegehren auf Bezirksebene dagegen in Gang. Ihr Ziel: Ein Park statt Büro- und Wohnbauten. Der Senat beschloß daraufhin vorige Woche, den Bebauungsplan in die Bürgerschaft einzubringen.
Das hält der stellvertretende Vorsitzende der Altonaer GAL-Bezirksfraktion für falsch: „Letztendlich ist doch das Volk der Souverän“, sagt Lars Andersen. Man müsse zur Not in Kauf nehmen, daß die AltonaerInnen den Senatswunsch platzen lassen. Die Bezirksfraktion erklärte, den AltonaerInnen würde „das Recht genommen, selbst über die städtebauliche Entwicklung im Bereich des Holzhafens eine verantwortliche Entscheidung zu treffen“.
Martin Schmidt von der GAL-Bürgerschaftsfraktion hält diese Kritik für unangebracht. In einem Gespräch mit ihm und Stadtentwicklungssenator Willfried Maier (GAL) hätte sich die Bezirksfraktion zwar für den Bürgerentscheid ausgesprochen, gleichzeitig aber signalisiert, sie nähme es hin, wenn der Senat die Planung an sich zöge.
Dem vorausgegangen waren zwei Beschlüsse der Bezirksfraktion pro Bürgerbegehren – eins vor, das andere nach der Spaltung. Ex-GAL-Fraktionschef und nunmehriger Regenbogen-Mann Olaf Wuttke beruft sich zudem auf eine Zusage Maiers und der Bürgerschaftsfraktion, den Willen der Altonaer GAL zu berücksichtigen.
„Herr Wuttke kann sich auf gar nichts berufen, weil es danach weitere Gespräche gab“, poltert Martin Schmidt. Eine „Nullösung“ für den Holzhafen habe nie zur Debatte gestanden; ein Pro-Forma-Bürgerentscheid in der Hoffnung, die Alto-naerInnen würden sich schon für die Bebauung entscheiden, sei indiskutabel.
Nach sechs Jahren Verhandlungen und vielen Verbesserungen des Projekts durch den Investor könne die Stadt Büll&Liedtke nicht länger hinhalten, glaubt Willfried Maier. Überdies sei soviel über das Projekt diskutiert worden, „daß ich das Argument nicht mehr akzeptiere, das Verfahren sei an den Bürgern vorbeigegangen“.
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