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Im Visier des Staatsschutzes

Hausdurchsuchung beim Hamburger Atomkraftgegner Fritz Storim: Er soll Rädelsführer bei Anti-Castor-Anschlägen gewesen sein  ■ Von Kai von Appen

Der Hamburger Physik-Dozent und Atomkraftgegner Dr. Fritz Storim ist erneut ins Visier der Bundesanwaltschaft (BAW) geraten. Gestern früh durchsuchten BAW-Anwälte und Staatsschützer des Bundeskriminalamtes Storims Wohnungen in St. Pauli und Bremen sowie seine Diensträume an der Bremer Universität. Zeitgleich wurden auch zehn Wohnungen im Wendland sowie in Berlin gefilzt. Der Vorwurf gegen Storim lautet auf „Rädelsführerschaft“ und „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ (Paragraph 129a Strafgesetzbuch).

Das rechtliche Konstrukt ist simpel: Am 7. Oktober 1996 hatten Atomkraftgegner wegen eines geplanten Castor-Transports nach Gorleben an mehreren Orten mit Hakenkrallen Anschläge auf Oberleitungen der Bundesbahn verübt. Da es nach den Anschlägen Presseerklärungen und ein „Kommunique Autonomer Gruppen“ gab, geht die BAW davon aus, daß die Anschläge „koordiniert“ durchgeführt wurden.

Nach Staatsschutz-Logik müßten die „Autonomen Gruppen“ sich in einer Vereinigung zusammengeschlossen haben, und eine Vereinigung braucht eine Führung. Und da Fritz Storim unzweifelhaft zu den Vordenkern der autonomen Anti-Atom-Bewegung gehört und zu vielen Initiativen Kontakt hat, könnte er laut BAW zu diesen „Führungskadern“ gehören. BAW-Sprecherin Eva Schöbel wollte sich zu diesem Konstrukt gegenüber der taz hamburg nicht näher äußern: „Dazu gebe ich keine Auskunft.“

Die gestrige mehrstündige Aktion galt laut Durchsuchungsbefehl dem „Auffinden von Beweismaterial“ und „Hakenkrallen oder Werkzeugen“. Storim selbst mußte zur erkennungsdienstlichen Behandlung auf das Polizeipräsidium. „Sie haben Papiere, Disketten und die Festplatten mitgenommen“, teilte Storim am Nachmittag mit.

Es ist bereits das dritte Mal, daß der Physiker und Atomkraftgegner ins Visier des Fahndungsapparats geraten ist. Im Januar 1991 war Storim vom Hanseatischen Oberlandesgericht wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ zu einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Damals hatte der Staatsschutzsenat ihn für schuldig befunden, an der Herstellung der Zeitung Sabot – Hamburger Infosammlung beteiligt gewesen zu sein. Diese hatte unter anderem zwei Redebeiträge von Hafenstraßen-Bewohnern dokumentiert, in denen die Autoren ihr Verhältnis zu den RAF-Gefangenen definiert hatten. Für das Gericht war dies Werbung für die RAF.

Einen ersten Versuch der Kriminalisierung hatte 1990 die Itzehoer Staatsanwaltschaft unternommen. Da Storim in den 80er Jahren zu den Repräsentanten des Widerstands gegen das Atomkraftwerk Brokdorf zählte, wollte sie ihm eine Tatbeteiligung an einem Sprengstoffanschlag auf einen Strommast im Jahr 1984 anhängen. Dabei war ein spezieller Zündzeitverzögerer benutzt worden, und als Physiker hätte Storim über die entsprechenden Fachkenntnisse verfügt. Das Verfahren wurde „mangels Tatverdacht“ eingestellt.

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