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Flußlandschaften gefährdet

■  BUND kritisiert die geplante Verbreiterung der Havelseen und des Teltowkanals. Westhafen soll nach Länderplanung in Zukunft für große Schiffe stärker genutzt werden

Den geplanten Wasserstraßenausbau der Nord- und Südtrasse in Berlin hat gestern der Bund Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert. Dem BUND liegen zwei von der „Gemeinsamen Landesplanungsabteilung der Länder Berlin und Brandenburg“ in Auftrag gegebene Gutachten zur Bewertung des Wasserstraßenausbaus nach dem Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 17 vor.

In den Gutachten werde für den geplanten Ausbau der Havelseenlandschaft, die sogenannte Nordtrasse, und des Teltowkanals, die sogenannten Südtrasse, geworben. Der BUND tritt hingegen für den Ausbau der Nordumfahrung, den Havelkanal, bei eingeschränktem Begegnungsverkehr ein. Das würde bedeuten, daß zwei sich entgegenkommende große Schiffe nur an entsprechend ausgebauten Stellen passieren können. „Da die Prognosen bei rund 1,5 bis 1,8 Großmotorschiffen pro Tag liegen, ist das für die Schiffer zumutbar“, so Ulrike Kielhorn vom BUND.

„Die beiden Gutachten haben verzerrte Kriterien zugrunde gelegt“, kritisierte ihr Kollege Winfried Lücking. Er vermutet, daß weder die Binnenschiffahrt noch Berlin und Brandenburg ein Interesse daran haben, daß derzeit ausgesetzte Raumordnungsverfahren noch für mindestens weitere zwei Jahre auszuloben, da sich dann der Ausbau der Wasserstraßen nach Berlin weiter verzögern würde. Kielhorn kritisierte, daß „die Gutachter Zahlen des Schiffahrtsaufkommens von Prognosen aus dem Jahr 1991 berechnet worden sind“, und die selbst laut Gutachter „um mindestens 20 Prozent“ nach unten revidiert werden müßten. Zudem seien teilweise die auszubauenden Strecken, die miteinander verglichen worden sind, falsch. Die Erweiterung des Sacrow-Poretzer Kanals bei Potsdam und die mögliche Gefährdung des Weltkulturerbes der Unesco sei nicht berücksichtigt worden. Zudem führe die Nordtrasse durch Trinkwasserreservoire der Stadt.

Der Berliner Vertreter in der gemeinsamen Landesplanungsabteilung Berlin-Brandenburg, Manfred Sinz, räumte auf Nachfrage der taz ein, daß auch die Landesplaner den Ausbau der Nordumfahrung, die laut Sinz rund 800 Millionen Mark kosten würde, „langfristig für sinnvoll halten, da der Verkehr an die Ostsee ständig zunimmt“. Sinz: „Nur das ist ein Projekt von zehn Jahren.“ Im Moment müßten sich die Landesplaner von Berlin und Brandenburg jedoch gegenüber Bund und Binnenschiffern kompromißbereit zeigen. Der Ausbau der Nordumfahrung würde zu lange dauern, um den „Westhafen als Umschlagplatz zu halten. Der geht uns sonst verloren.“

Der Ausbau der Havelseenlandschaft würde mit 330 Millionen Mark ohnehin vergleichsweise günstig ausfallen, und der Bund würde nach Einschätzung der Landesplaner die Sperrung dieser Bundeswasserstraße für den gewerblichen Schiffsverkehr ohne handhabbare Alternative ohnehin nicht hinnehmen. Gar nicht einigen konnten sich laut Sinz die Länder mit den Binnenschiffern und dem Bund über den Ausbau des Teltowkanals. „Da sind zu viele Brücken, deren Durchfahrt vergrößert werden müßte, zum Beispiel in Glienicke“, sagt Sinz. Nach Einschätzung der Planer sei es sinnvoll, den Warenumschlag auf den Westhafen zu konzentrieren. Annette Rollmann

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