: Wenn Polizisten Knäste bauen
■ Der neue, vollgekachelte Abschiebeknast ist eine Entwicklung der Bremer Polizei: Es gibt keine „Richtlinien aus Nordrhein-Westfalen“ / Experten im Justizvollzug wurden nicht gefragt
Mit ungläubigem Kopfschütteln haben Bremer Justiz- und Polizeikreise auf Berichte über einen neugebauten Abschiebehaft-Trakt (taz vom 3. Juli) reagiert. Die einen, weil sie in dem millionenschweren Neubau ihren Dienst tun sollen – das Gebäude aber wesentlichen Sicherheitsansprüchen kaum genügt: Bei Randale oder Feuer sind die Gänge für jedes Eingreifen zu eng, Türen schlagen gegeneinander und blockieren den Weg. Die anderen wundern sich, weil nicht einmal Bremer Fachleute für den Bau von Justizvollzugsanstalten zu Rate gezogen wurden.
„Die Polizei hat das nach ihren Ansprüchen geplant“, erklärt der Sprecher der Bremer Investitionsgesellschaft (BIG), Thomas Diehl, die die Projektträgerschaft für das „zukunftsweisende Polizeipräsidium in Bremen“ übernommen hatte. Bei der Polizei aber tut man sich schwer damit, zur eigenen Planung zu stehen. „Der Bau wurde nach modernsten nordrhein-westfälischen Richtlinien für den Bau von Abschiebehaftanstalten erstellt“, heißt es. Welcher Art diese Richtlinien aber sind – ob sie bis auf die Zimmerdecke rundum-gekachelte Zellen rechtfertigen oder den Einbau von Glasbausteinen statt Fenstern vorsehen, wie sie in Bremen gebaut wurden – blieb geheim. Vermeintlich aufgrund von öffentlicher Kritik der Grünen am mißratenen Neubau („wie Opas Psychiatrie“) hielt die Polizei diese Richtlinien – entgegen früheren Zusagen – zurück.
Nach Recherchen der taz gibt es dafür offenbar gute Gründe: „Es gibt hier keine Richtlinien für den Bau von Abschiebehaftanstalten“, wundert sich der Sprecher des nordrhein-westfälischen Justizministeriums, Dieter Wendorf. Nur der Bau von Justizvollzugsanstalten sei bundesweit geregelt – „mit Fenstern, natürlich“. Mit dem Bremer Hinweis auf moderne Abschiebehaft in Nordrhein-Westfalen sei wohl die Einrichtung in Büren gemeint. Auch die fällt in sein Ressort – anders als in Bremen, wo Abschiebehaft der Innenbehörde untersteht. In Nordrhein-Westfalen führte deshalb die Justizbehörde Regie beim Umbau einer ehemaligen Nato-Kaserne zur riesigen Abschiebehaftanstalt, wo seit 1992, vielfach kritisiert, bis zu 500 männliche Abschiebehäftlinge einsitzen. Diese Anlage habe „Modellcharakter“ und gelte in Nordhrein-Westfalen als „vorbildlich“, so Wendorf. Richtlinien gebe es keine.
Das bestätigt auch der stellvertretende Leiter der Bürener Anstalt, Udo Wehrmeier. Kontakte zu Bremer Planern einer neuen Abschiebehaftanstalt habe es nicht gegeben. Aus anderen Bundesländern habe er schon Besucher durch die Anstalt geführt – die Fenster hat. Etwas anderes sei – außer in Zellen für randalierende Gefangene – nicht denkbar. „Wir bemühen uns hier um humanen Vollzug“, betont Wehrmeier. Dazu gehörten Fenster. Geflieste Zellen seien aus seiner Sicht anfällig für Vandalismus – und sehr teuer. Für Wohnzwecke kaum denkbar. In Büren haben Zellen weiß verputze Wände.
Überhaupt hat Büren, die modernste und neueste Abschiebehaftanstalt in Nordrhein-Westfalen, einiges anders geplant als Bremen. „Wir bieten unseren Gefangenen wie im Strafvollzug Arbeit an“, sagt Wehrmeier. Die mit rund zehn Mark am Tag schlecht entlohnte Tätigkeit komme bei den Gefangenen gut an.
Das wöchentliche Taschengeld von 12 Mark reiche vielen Inhaftierten nicht – vor allem wenn sie, und dies ergebe sich häufiger, länger als die durchschnittlichen 41 Tage bleiben. Auch Freizeitangebote gibt es dort. „Leider auf dem ehemaligen, betonierten Kasernenboden“, bedauert er. Doch bemühe sich die Anstaltsleitung in Nordrhein-Westfalen um eine bessere „und nicht so teure“ Lösung.
ede
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