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■ Die Berlinerin Michaele Schreyer ist froh, überhaupt einen Posten ergattert zu haben

Die Europaflagge vor dem Berliner Abgeordnetenhaus war gestern gehißt, „aber nicht speziell für Frau Schreyer“, stellte der Herr am Empfang klar, „sondern weil das hier so Usus ist.“ Egal. Michaele Schreyer hat es trotzdem geschafft, nach Brüssel zu kommen. Zwei Stunden nachdem der künftige Kommissionspräsident Romano Prodi die 47jährige Grünen-Politikerin zur EU-Kommissarin für den EU-Haushalt vorgeschlagen hatte, trat Schreyer am Nachmittag vor den Berliner Landtag, wo sie zuletzt Ko-Chefin der grünen Fraktion war.

„Ich freue mich sehr“, sagte sie erwartungsgemäß, aber es klang nicht, als würde sie Luftsprünge machen wollen angesichts des „sehr bedeutsamen Ressorts“. Das hatte ihr Prodi bereits „am Dienstag während eines vertraulichen Gesprächs in Brüssel“ angeboten.

Die ehemalige Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt, die sich als strenge Haushalts- und Finanzexpertin und mit ihrer „Lust“ an Zahlenkolonnen fraktionsübergreifende Anerkennung erworben hat, hätte sich lieber um europäische Wirtschaft und Finanzen gekümmert. Aber nach dem monatelangen Hickhack um ihre Person, ihre vermeintliche politische Provinzialität und ihre Kompetenz schien Schreyer gestern froh, überhaupt einen Posten ergattert zu haben. „Ich nehme das Schicksal, auch künftig in Haushaltsausschüssen zu sitzen, gern an“, sagte sie mit der Genugtuung einer, der schlußendlich doch noch Gerechtigkeit wiederfahren ist. Die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin Schreyer wird die erste grüne EU-Kommissarin sein, zuständig für den EU-Haushalt.

Die EU-Osterweiterung, die sie als „vorrangige Aufgabe“ sieht, erfordere eine „solide Haushaltspolitik“. Dennoch, glaubt sie, würden die „Konflikte zahlreich“ sein, sowohl mit den anderen Ressorts als auch mit dem Europäischen Parlament. Dessen konservative Mehrheit ist mit Schreyer als Kommissarin alles andere als einverstanden. „Ich nehme die Anhörung vor dem Parlament sehr ernst“, gruselte sich Schreyer denn auch gestern schon mal. Das Parlament muß die Kommission (siehe oben) noch bestätigen.

Die CDU hatte bereits gedroht, Schreyer nicht mittragen zu wollen. Heike Haarhoff, Berlin