: Goodwilltour am Checkpoint Erez
Die Begegnung zwischen Israels Regierungschef und dem Palästinenserführer sollte die Atmosphäre auflockern. Die grundsätzlichen Probleme bleiben späterer Erörterung vorbehalten ■ Aus Jerusalem Susanne Knaul
Ein „Ende des hundertjährigen Konflikts“ hat Israels Premierminister Ehud Barak im Sinn. Noch keine Woche ist seit seiner Vereidigung zum neuen Regierungschef vergangen, schon traf er sich mit Ägyptens Präsident Hosni Mubarak und mit Palästinenenserchef Jassir Arafat. Ein erstes Signal für den veränderten Ton der Israelis ist, daß Barak unmißverständlich von einem „Staat Palästina“ spricht. Barak wünscht sich die Staatsausrufung allerdings als Teil der Endstatusregelungen, während die Palästinenser „innerhalb eines Jahres“ Palästina gründen wollen. Die Israelis würden sich damit vermutlich abfinden.
Dagegen beharrt Ehud Barak kompromißlos auf der Sicherheit seines Staates. Er werde schärfer als sein Vorgänger, Benjamin Netanjahu, den Terror verfolgen. „Ich war und ich werde mein ganzes Leben lang ein Kämpfer gegen den Terror sein“, sagte er und warnte die Palästinenser davor, in dieser Frage nicht zu kooperieren.
Auf der Agenda von Baraks und Arafats erstem Treffen stand außerdem die Umsetzung der Verträge von Wye-Plantation. Barak hatte sich zwar zu der Einhaltung jeder unterzeichneten Vereinbarung verpflichtet, würde sich aber trotzdem wünschen, den Truppenabzug zu verschieben. Arafat lehnt ab und bleibt bei seiner Forderung nach sofortiger Umsetzung der Verträge von Wye ohne jede Veränderung. Die Palästinenser fordern außerdem die Einstellung des Siedlungsbaus im Westjordanland und in Jerusalem. Die Regierungsrichtlinien Baraks halten indes nur fest, daß keine neuen Siedlungen errichtet werden. Das Baugeschehen auf dem umstrittenen Har Choma (arab. Dschebl Ghneim) wird indes fortgesetzt.
Ebenso liegen die palästinensischen und israelischen Ausgangspositionen bei den Abschlußverhandlungen weit auseinander. Die Palästinenser fordern den Abzug der Israelis bis zur Grenze von 1967, die Auflösung sämtlicher jüdischer Siedlungen sowie die Teilung Jerusalems in zwei Hauptstädte. Daß Barak dem niemals zustimmen wird, konnte man schon seiner Rede auf dem Tel Aviver Rathausplatz, unmittelbar nach seinem Wahlsieg, entnehmen. Drei seiner berühmten „vier Neins“ beantworten unmißverständlich Arafats Forderungen. Eintracht herrscht allein in der Frage der nationalen Selbstdefinierung der Palästinenser.
Barak reist heute nach Jordanien, um sich mit König Abdallah zu beraten. Ende nächster Woche geht es nach Washington – Arafat war bereits dort. Beide tragen dem „großen Bruder“ ihre Standpunkte vor. Doch während sich Arafat eine weiterhin intensive Vermittlung der Amerikaner wünscht, hofft Barak auf ein „low profile“ der Vermittler. Bei den Palästinensern besteht die nicht unberechtigte Sorge, daß sie mit dem Regierungswechsel in Israel an internationaler Sympathie einbüßen werden. Barak hat als Zögling und politischer Erbe Jitzhak Rabins, der ihn vor vier Jahren in seine Regierung holte, einen Bonus, ähnlich wie ihn zwischenzeitlich Schimon Peres genoß.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen