: Gericht stoppt Klemanns Heime für Stadtflüchtlinge
■ Wegen Wettbewerbsverzerrung hat das Landgericht den Bau von 1.600 Eigenheimen an der Elisabethaue in Pankow gestoppt
Erst Ende Mai hatte der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) die „Bauausstellung Berlin 1999“ feierlich eröffnet. Nun ist das mit der Ausstellung verbundene Eigenheimprogramm des Regierenden und seines Bausenators Jürgen Klemann (CDU) zu weiten Teilen vom Landgericht gestoppt worden.
Konkreter Streitpunkt vor Gericht war der Bau von 1.600 Wohnungen an der Elisabethaue in Pankow. Die Elisabethaue gehört neben Buch V., Karow, Buchholz-West und Buchholz-Ost zu jenen fünf Standorten, an denen Diepgen und Klemann bis zum Jahr 2004 rund 8.000 Eigenheime bauen lassen und damit der zunehmenden Stadtflucht aus der Hauptstadt begegnen wollten.
Anders als die vier anderen Standorte, an denen sich private Investoren engagieren, wurden die Grundstücke an der Elisabethaue der landeseigenen Berliner Landesentwicklungsgesellschaft (BLEG) übertragen. Diese hatte zuvor in einem Bieterverfahren weitaus niedrigere Preise geboten als die privaten Investoren. Gegen diese ihrer Ansicht nach Wettbewerbsverzerrung waren die Investoren Otremba und die Upmeier Verwaltungsgesellschaft vor Gericht gezogen.
Zwar hatte das Landgericht im Februar eine einstweilige Verfügung gegen die Vermarktung der Grundstücke durch die BLEG abgelehnt. Doch schon im April hatte das Kammergericht das Verfahren aus kartellrechtlichen Gründen für nichtig erklärt. Daraufhin, so erklärten gestern die Kläger, hätte die BLEG die Ausschreibungsbedingungen für das Bieterverfahren nur geringfügig geändert. Mit dem nun gefällten Urteilsspruch vom 8. Juli habe das Landgericht schließlich nicht nur den Abschluß eines vorbereitenden Kooperationsvertrages untersagt, „sondern auch die weitere Durchführung des Wettbewerbs selbst“.
Dieser Auffassung schloß sich gestern auch die bündnisgrüne Abgeordnete Claudia Hämmerling an. Mit dem Urteil sei das gesamte Vertragswerk nichtig und die Rechtsgrundlage für die Entwicklung und Bebauung der Elisabethaue durch die BLEG hinfällig. Hämmerling rechnet darüber hinaus mit Schadenersatzansprüchen der am Bieterverfahren beteiligten Firmen in sechsstelliger Höhe.
Hämmerling, eine entschiedene Gegnerin der Bebauung der Elisabethaue, forderte den Senat in diesem Zusammenhang erneut auf, sich von der Bebauung „im Interessen einer ressourcenschonenden Stadtenwicklung zu verabschieden“. Ähnliches hatten zuvor auch schon lokale Agenda-Gruppen gefordert, die das Eigenheimprogramm des Senats aufgrund seiner fehlenden Nachhaltigkeit kritisiert hatten. In die Kritik war das Projekt aber auch geraten, weil in einer der von der BLEG beteiligten Firmen der ehemalige Abteilungsleiter des Bausenators arbeitet, der die Bebauung einst genehmigt hatte.
Von Bausenator Jürgen Klemann war gestern keine Stellungnahme zu erhalten. „Wir werden erst die Begründung des Urteils prüfen“, sagte seine Sprecherin Dagmar Buchholz. Uwe Rada
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen