piwik no script img

Graufahrendes Rad

■ Velo-Besitzer in S-Bahn festgenommen. Dem HVV ist's hinterher peinlich

Als Detlef T. am Dienstag morgen die taz las, stand für ihn fest: Heute früh nehme ich mein Fahrrad mit in die S-Bahn. Immerhin wurde dort vermeldet, der HVV gestatte die Mitnahme von Velos in seinen Zügen ohne Sperrzeiten ganztägig. Leider war ihm entgangen, daß diese Regelung nur während der Sommerferien gilt, mithin erst ab heute.

Natürlich fiel den Kontrolleuren zwischen den S-Bahn-Stationen Sternschanze und Dammtor sofort auf, daß da jemand vor 9 Uhr widerrechtlich seinen Drahtesel mit in die Bahn genommen hatte. Also forderten sie T. zum Aussteigen auf, um den Sachverhalt auf dem Bahnsteig zu klären. Der sah seinen Fehler ein und gab „brav und freiwillig“, wie er sagt, seine Personalien an. Da er jedoch zu deren Nachweis keinen Personalausweis, sondern nur seine Krankenversicherungskarte vorweisen konnte, wurde Detlef T. „vorläufig festgenommen“. Schließlich handele es sich um mit einem „erhöhten Beförderungsentgelt“ von 20 Mark zu ahndendem „Graufahren“ seitens des Rades, denn T. selbst hatte einen Fahrausweis.

Die herbeigerufenen BGS-Beamten kamen schnell zu dem Schluß, daß kein Verdacht auf eine Straftat vorliege, denn schließlich habe sich T. keine Leistung erschleichen wollen. Also hätte er nicht festgehalten werden dürfen. Ebenso klar liegt dann der Verdacht nahe, die Kontrolleure hätten sich der Freiheitsberaubung schuldig gemacht. T. erstattete Anzeige.

Dieser Argumentation mag Katrin Fech, Pressesprecherin beim HVV, zwar nicht zustimmen, doch auch sie gibt zu: „Da haben sich unsere Prüfer falsch verhalten.“ Sie seien gehalten, auch die Chipkarte als identitätsstiftend anzuerkennen. „Die hätten mehr Fingerspitzengefühl zeigen müssen.“ Selbstverständlich werde man den Fall „aus Kulanz“ einstellen. Die Anzeige läßt sich aber nicht mehr aus der Welt schaffen und harrt ihrer staatsanwaltlichen Bearbeitung.

Darum noch einmal der Hinweis an alle LeserInnen und Kontrolleure: Ab heute und bis zum 25. August dürfen in allen Zügen und Hafenfähren und in rund 100 Buslinien des HVV Fahrräder ganztägig mitgenommen werden. else

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen