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Post für „Apo Werthebach“

■  In einem offenen Brief wehren sich junge Kurden dagegen, als „gewaltbereit und unkontrollierbar“ eingestuft zu werden. Sie bieten einen „deeskalierenden Dialog“ an

Jugendliche Kurden setzen sich zur Wehr. Nachdem sie von Innenstaatssekretär Kuno Böse (CDU) einen Tag vor der Urteilsverkündung im Öcalan-Prozeß als „nur noch schwer von der PKK-Führung im Zaum zu halten“ beschrieben wurden, haben sie sich jetzt in einem offenen Brief an Innensenator Eckart Werthebach (CDU) gewandt. „Sie selbst – ebenso wie Staatssekretär Dr. Kuno Böse – haben in der Presse vor Gefahren gewarnt, die von jungen Berliner Kurden und Kurdinnen angeblich ausgingen“, schreiben sie. „Junge Kurden und Kurdinnen, so meinen Sie, seien – im Gegensatz zu älteren – gewaltbereiter, extremistischer und unkontrollierbarer“, heißt es weiter. Die Verfasser, Jugendliche der Demokratischen Emigranten Union „Koc-Dem“, schreiben Werthebach nicht nur, daß sie seine Einschätzung nicht teilen. Sie, die sich „der kurdischen Heimat ihrer Eltern“ und ihrer „jetzigen Heimat Berlin verbunden“ fühlen, wehren sich außerdem dagegen, „in eine einzige Schublade“ geschoben zu werden: Bis zu 15 Prozent der in Berlin lebenden Kurden hätten vor „kriegerischen Auseinandersetzungen“ fliehen müssen, ihre Eltern seien „gedemütigt, verfolgt und gefoltert worden – weil sie Kurden und Kurdinnen sind“. Um ihren Willen nach friedlichen Lösungen Nachdruck zu verleihen, betonen sie, daß sie gerade wegen dieser Lebenserfahrung die demokratische Ordnung ihrer neuen Heimat zu schätzen wüßten.

Nach Angaben der Sprecherin der Innenverwaltung, Isabelle Kalbitzer, liegt der offene Brief Werthebach noch nicht vor. Im übrigen würden offene Briefe prinzipiell nicht beantwortet. Sie verwies auf ein Gespräch zwischen Böse und Vertretern der Kurdischen Gemeinde und kurdischer Vereine am 2. Juli. „Ich bin froh, daß dieses Gespräch stattgefunden hat und habe mich von den Anstrengungen der kurdischen Gemeinde überzeugt, auf ihre Mitglieder einzuwirken, um Gewalt zu vermeiden“, teilte Böse dazu mit. „Dieses Zusammentreffen war Teil eines bestehenden Dialogs, den es fortzusetzen gilt.“ Böse äußerte die Hoffnung, daß zukünftig auch über Themen gesprochen werde, die deutlicher die Belange der hier lebenden Kurden „im Sinn des gegenseitigen Verständnisses fördern“.

Ein Anliegen, das auch die Verfasser des Briefes haben. Sie appellieren an Werthebach, „Möglichkeiten des friedlichen und deeskalierenden Dialogs“ zu schaffen. Zum Schluß erweisen die jungen Kurden, die ältere Herren respektvoll „Apo“ nennen, auch dem Innensenator die Ehre und nennen ihn „Apo Werthebach“. B. Bollwahn des Paez Casanova

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